Seit US-Präsident Donald Trump in der vergangenen Woche seine Zollpläne publik gemacht hat, geht es turbulent zu - an den Börsen, die mit heftigen Kurseinbrüchen reagierten. Und an den Konferenztischen von Politikerinnen und Politikern, die über Gegenzölle und mögliche Abkommen beraten müssen.
Verbraucherinnen und Verbraucher dürften sich derweil andere Fragen stellen - etwa, wie Zölle überhaupt wirken und wie sie sich auf deren Alltag und Geldbeutel auswirken.
Im Interview klärt Sonali Chowdhry, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und Expertin für internationalen Handel, genau darüber auf.
Sonali Chowdhry: Wenn neue Zölle erhoben werden, unterliegen ausländische Waren zusätzlichen Abgaben an der Grenze, bevor sie in den heimischen Markt gelangen dürfen. Diese Zölle sind in der Regel produktspezifisch und im sogenannten Zolltarif eines Landes festgelegt. Sofern kein präferenzielles Handelsabkommen mit dem Importland besteht, gilt in der Regel der gleiche Standardzollsatz für alle Handelspartner.
Wer letztlich die Kosten dieser Zölle trägt, hängt stark von der Preiselastizität von Angebot und Nachfrage ab. Bei Produkten wie spezialisierten Maschinen oder Markenwaren mit wenigen Alternativen können ausländische Produzenten oft einen Großteil oder sogar die gesamten Zollkosten an die Importeure - also inländische Unternehmen und Handelspartner - weitergeben. Und die wiederum können die Verkaufspreise für Endverbraucher erhöhen, um die Zusatzkosten wieder reinzuholen.
Wenn jedoch alternative Lieferanten vorhanden sind oder die Verbraucher besonders preissensibel reagieren, sind Exporteure möglicherweise gezwungen, einen Teil der Kosten selbst zu tragen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Chowdhry: Zölle werden in erster Linie eingeführt, um die heimische Industrie zu schützen und den Konsum inländischer Alternativen zu fördern. Regierungen greifen insbesondere in Sektoren dazu, die als vielversprechend gelten, sich aber noch in einem frühen Entwicklungsstadium befinden und Zeit brauchen, um international wettbewerbsfähig zu werden.
Zölle können auch als Reaktion auf unfaire Handelspraktiken verhängt werden – etwa bei Dumping, wenn ausländische Hersteller Waren unter dem Marktpreis verkaufen, oft aufgrund staatlicher Subventionen oder extrem niedriger Löhne in ihren Herkunftsländern. In solchen Fällen sollen Zölle faire Wettbewerbsbedingungen schaffen. Zwar können Zölle auch staatliche Einnahmen generieren, doch das ist nicht ihr primärer Zweck – insbesondere nicht in Industrieländern.
Gerade deshalb ist die neue US-Zollpolitik so ungewöhnlich. Sie weicht stark vom klassischen Protektionismus ab. Viele der höchsten Zölle treffen Länder wie Lesotho und Madagaskar, die Güter exportieren, für die es in den USA keine eigene Industrie oder keinen komparativen Vorteil zu verteidigen gibt. Die Androhung noch höherer Zölle gegenüber Ländern, die ihre Gegenmaßnahmen koordinieren, lässt diese Politik eher wie wirtschaftliche Nötigung erscheinen.
Mit diesen umfassenden Zollerhöhungen zieht sich die USA noch weiter vom multilateralen Handel und der internationalen Zusammenarbeit zurück. Das wird Produktionsprozesse stören – auch für US-Unternehmen, die auf importierte Vorleistungen angewiesen sind –, die Effizienz senken und das reale Einkommen belasten. Eine Wachstumsstrategie ist das mit Sicherheit nicht.
Chowdhry: Die Anpassung wird für Verbraucher und Unternehmen schmerzhaft sein. Die USA importieren eine breite Palette an Gütern – von Kraftfahrzeugen über Kleidung bis hin zu Elektronik – und auf all diese Produkte werden künftig höhere Abgaben erhoben. US-Verbraucher könnten versuchen, auf Produkte aus Ländern auszuweichen, die lediglich mit dem Basiszollsatz von zehn Prozent belegt wurden, doch selbst das stellt eine erhebliche Kostensteigerung dar.
Fakt ist: Die inländische Produktion in den USA kann in all diesen Sektoren nicht schnell genug hochgefahren werden, um die gesamte heimische Nachfrage aufzufangen.
Deutsche Verbraucher können in bestimmten Sektoren zunächst mit Preisrückgängen rechnen, da Waren, die von hohen US-Zöllen betroffen sind, zunehmend auf den europäischen Markt umgeleitet werden – was das Angebot erhöht und den Wettbewerb verschärft. Markenprodukte hingegen dürften teurer werden, insbesondere in global integrierten Branchen wie der Automobil- und Elektronikindustrie, da sowohl die Produktionskosten steigen als auch neue Zölle in Kraft treten.
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