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Veröffentlicht am 12.08.2025 00:07

Was die Arbeit in einer Kita ausmacht

Nicole Peters arbeitet seit mehr als 30 Jahren als pädagogische Fachkraft in einer Kindertagesstätte. (Foto: Kirsten Neumann/dpa-tmn)
Nicole Peters arbeitet seit mehr als 30 Jahren als pädagogische Fachkraft in einer Kindertagesstätte. (Foto: Kirsten Neumann/dpa-tmn)
Nicole Peters arbeitet seit mehr als 30 Jahren als pädagogische Fachkraft in einer Kindertagesstätte. (Foto: Kirsten Neumann/dpa-tmn)

Die Arbeit als Erzieher: Das ist nicht viel mehr als Windeln wechseln, Kaffee trinken und Sandburgen bauen, mag mancher denken. Über extreme Belastungen, Personalmangel, Überstunden und unangemessene Bezahlung klagen derweil viele Fachkräfte. Wie sieht der Arbeitsalltag in Kindertagesstätten also wirklich aus?

In jedem Fall bunt, sagt Nicole Peters. Die Erzieherin aus Mönchengladbach arbeitet seit mehr als 30 Jahren als pädagogische Fachkraft in einer Kindertagesstätte: „Jeder Tag ist anders. Man kann morgens etwas planen, das am Nachmittag schon nicht mehr aktuell ist, weil sich die Bedürfnisse der Kinder verändert haben.“ 

In dieser Abwechslung sieht sie einen der großen Vorteile des Berufs. Vom Wechseln der Windeln, über die Durchführung von Spiel- und Lernangeboten, bis hin zum Schreiben von Berichten und dem Führen von Eltern- und Entwicklungsgesprächen - Nicole Peters ist oft Spielkameradin, Psychologin, Seelsorgerin und Lehrkraft in einem. 

Darum geht es: Stärken der Kinder fördern

Der Kern ihrer Arbeit ist und bleibt dabei immer die individuelle Förderung der Kinder. „Früher wurden die Kinder von uns Erziehern bespielt, doch das hat sich stark gewandelt“, sagt Peters. „Heute haben wir Erzieher einen Bildungsauftrag. Wir nehmen die Kinder mit, schauen, wo ihre Stärken, Wünsche und Bedürfnisse liegen. Die Vielfalt, die sich in der Welt auftut, ist auch in der Kita deutlich spürbar.“

Erzieherinnen und Erzieher tun also so viel mehr, als nur die Kinder zu hüten, bis die Eltern mit ihrer Arbeit fertig sind. Dennoch sei die gesellschaftliche Anerkennung für das Berufsfeld häufig zu gering, beklagt Doreen Siebernik, Funktionärin in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Dabei sei die Phase bis zum achten Lebensjahr jene, in der Kinder am allermeisten lernen. „Deswegen braucht es in den Kitas gut ausgebildete Fachkräfte.“ 

Fachkräfte in bestimmten Regionen dringend gesucht

Die sind aber schwer zu finden. Mit Blick auf die gesamte Bundesrepublik spricht Siebernik von einem großen strukturellen Fachkräftemangel. „Bis zum Ende des Jahrzehnts werden wir noch weit über 2.000 Fachkräfte brauchen, damit jedes Kind in Deutschland einen Kita-Platz in Anspruch nehmen kann“, schätzt sie. Allerdings gibt es regionale Unterschiede: Während in manchen östlichen Bundesländern die Kinderzahlen bereits zurückgingen, sei der Personalmangel im Westen des Landes enorm.

Fehlendes Personal, eine hohe Arbeitsbelastung, enormer Druck und nicht zuletzt die Konfrontation mit zahlreichen Viren, können schnell zur Last werden. „Wir wissen von den Krankenkassen, dass die physischen und psychischen Belastungen in den Kitas überdurchschnittlich sind und zu hohen Krankenständen führen“, so Siebernik. 

Tanja Voßen kennt die Herausforderungen. Als Gebietsleiterin des Kita-Trägers pro multis trägt sie die Verantwortung für einen reibungslosen Arbeitsablauf in insgesamt vier Kitas in Mönchengladbach. „Man muss immer flexibel bleiben“, sagt sie zu den Anforderungen an Erzieher. „Es ist ein Beruf, in dem ständig Bewegung herrscht, es nie langweilig wird und man nicht auslernt.“

Es geht nicht ohne Empathie

Von Berufsanfängern erwartetet Voßen neben Flexibilität und ausgeprägtem Teamgeist vor allem Empathie: „Ich muss akzeptieren, respektieren und damit umgehen können, dass wir eine Vielfalt von Kindern mit unterschiedlichen Ressourcen, Bedürfnissen und Herausforderungen haben.“

Sich individuell auf die Bedürfnisse jeden einzelnen Kindes einzustellen, ist eine der großen Herausforderungen des Berufs, sagt auch Erzieherin Nicole Peters. Und dann sind da ja noch die Väter und Mütter.

Kommunikation mit Eltern: „Manchmal echt herausfordernd“

Wie die Rolle der Kita habe sich in den vergangenen Jahren auch das Verständnis von Elternschaft verändert. Manche Eltern könnten es nur schwer aushalten, wenn ihr Kind nicht der eigenen Struktur nach handelt, beobachtet Peters. Andere neigten dazu, dem Kind zu viele Entscheidungen abzunehmen. So sei die Kommunikation zwischen Eltern und Erziehern trotz viel Zuspruch „manchmal echt herausfordernd“. 

Auch schlichtweg der große Lärm, fehlende Ressourcen und der Umgang mit Themen wie Inklusion oder Mediennutzung können fordernd sein, sagt Doreen Siebernik. Und dennoch ist die Gewerkschafterin sicher: „Es ist der schönste Beruf, den man erlernen kann. Er gibt viel Kraft, fordert aber auch.“

Die pädagogische Arbeit mit den Kindern hat große Auswirkungen auf ihren weiteren Weg. Das mitzugestalten, motiviert auch Nicole Peters in der täglichen Arbeit in der Kita. „Das Schönste ist, wenn ich mich zum Schuleintritt der Kinder beruhigt zurücklehnen kann und sage: Du wirst in der Schule gut klarkommen.“ Darüber hinaus liebt sie die Arbeit im Team, wie sie sagt - und all die kleinen unbedarften, herzlichen Momente mit den Kindern.

Was für Erzieherinnen und Erzieher an Gehalt drin ist

Doch diese Momente alleine zahlen leider keine Rechnung. Was die Frage aufwirft: Werden Erzieher ausreichend bezahlt? 

Zunächst muss man wissen: Auch wenn sich das Gehalt abhängig von Anstellungsart und Träger um bis zu 15 Prozent unterscheiden kann, orientieren sich die allermeisten Arbeitsverträge am Tarifsystem für den öffentlichen Dienst, erklärt Gewerkschafterin Doreen Siebernik.

Demnach liegt das monatliche Brutto-Einstiegsgehalt für pädagogische Fachkräfte bei 3.400 Euro und kann im Zeitverlauf auf bis zu 4.541 Euro (nach mindestens 15 Jahren) ansteigen. 

Tanja Voßen, die Kitaträger-Gebietsleiterin, sagt: „Vor zehn Jahren waren Erzieher im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen noch schlecht bezahlt. Im Hinblick darauf hat sich sehr viel verbessert.“

Doch Doreen Siebernik hält fest: Im Vergleich zu anderen pädagogischen Berufen, wie Lehrkräften, seien die Gehaltsunterschiede noch immer gewaltig. Es sei zwar endlich in der Bundespolitik angekommen, dass Kitas wichtig seien und es hier um Bildung gehe. „Aber, wir haben noch eine Menge zu tun.“

© dpa-infocom, dpa:250811-930-900495/1


Von dpa
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