Eigentlich sollte es in knapp zwei Monaten auf die Packungen von Schnitzeln und Steaks kommen - das neue staatliche Tierhaltungslogo für Schweinefleisch. Doch die Pflicht zur Einführung in den Supermärkten soll vom 1. August ins nächste Jahr verschoben werden. Die schwarz-rote Koalition brachte dazu einen Gesetzentwurf in den Bundestag ein, um mehr Zeit für die Umsetzung zu geben. Neues Startdatum: 1. März 2026. Verbraucherschützer beklagen die Verzögerung und fordern weitere Schritte zu mehr Transparenz.
Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) sagte im Parlament, es gehe darum, Verbraucherinnen und Verbrauchern gut informierte Kaufentscheidungen zu ermöglichen. Zugleich sei für ihn klar, dass eine verpflichtende Kennzeichnung vom ersten Tag an einwandfrei funktionieren müsse. Die geplante Verschiebung sei daher „ein guter Kompromiss und ein gutes Signal an alle Beteiligten“.
Das noch von der Ampel-Koalition beschlossene Logo soll Supermarktkunden mehr Klarheit über die Bedingungen in den Ställen bringen. Pflicht wird es laut Gesetz für inländische Erzeugnisse, und starten soll es zuerst für frisches Schweinefleisch im Handel. Vorgesehen ist ein System mit fünf Kategorien von der Stufe „Stall“ mit den gesetzlichen Mindestanforderungen bis hin zu „Bio“. Aussehen soll das Logo sachlich-nüchtern: rechteckig und in Schwarz-Weiß.
In Kraft ist das Gesetz seit August 2023. Und es sah auch schon zwei Jahre Umstellungszeit vor. Die Umsetzung hakte dann aber in den Ländern, die um Aufschub baten. „Die Zeit wollen wir ihnen geben, damit das dann auch ordentlich vom ersten Tag an funktioniert“, sagte Rainer. Freiwillig könne das Logo auch schon vor März 2026 genutzt werden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband nannte es „keine gute Nachricht“, sollte die Kennzeichnung nicht mehr in diesem Jahr kommen. Verbraucherinnen und Verbraucher wollten wissen, wie Tiere gehalten wurden, sagte Experte Jochen Geilenkirchen.
Wie es überhaupt weitergeht, ist offen. Die Koalition will die Kennzeichnung grundsätzlich reformieren, um sie „praxistauglich zu gestalten und auf das Tierwohl auszurichten“. Der CDU-Abgeordnete Benedikt Büdenbender sagte, die Verschiebung solle Zeit schaffen, um das Gesetz noch einmal anzupacken - und zwar nicht nur kosmetisch. Im Blick stünden bürokratische Vorgaben und auch die „Blindstelle“, dass Ware aus dem Ausland bisher ausgeblendet sei. Jens Behrens (SPD) hob die angepeilte Ausweitung auf andere Tierarten und auf Restaurants und Kantinen hervor, die noch nicht geregelt werden konnte.
Verbraucherschützer Geilenkirchen forderte, die Ausweitung umzusetzen: „Die Kennzeichnung kann nur dann eine echte Entscheidungshilfe sein, wenn sie auf allen Produkten verpflichtend zu finden ist – egal, um welche Tierart es geht und ob man im Supermarkt, in der Kantine oder im Restaurant einkauft.“ Der Lebensmittelhandel mahnte auch effiziente Prozesse und „eine transparente und ansprechende Auslobung“ des Logos an. Aus Sicht des Tierschutzbunds gehört das Gesetz eingestampft und völlig neu konzipiert. Es stoße keine Verbesserungen beim Tierschutz an, sondern bilde nur den Status quo ab.
Die Verzögerung bedeutet nicht, dass Kunden keine Informationen haben. Seit 2019 gibt es eine freiwillige eigene Kennzeichnung der Supermarktketten. Und das Siegel mit dem Aufdruck „Haltungsform“ umfasst auch schon Fleisch von Schweinen, Rindern und Geflügel. Verbraucherschützer Geilenkirchen sagte, allein mit Transparenz sei es nicht getan, es brauche auch ein entsprechendes Angebot. „Damit Fleisch aus tierwohlgerechter Haltung überhaupt verfügbar ist, muss die Tierhaltung umgebaut werden“. Rainer nannte als Ziel, als Förderung 1,5 Milliarden Euro im Jahr zu mobilisieren. „Ich werde für dieses Geld hart kämpfen.“
© dpa-infocom, dpa:250606-930-636541/2