Als „sensationell“ bezeichnet Martin Nadler den Fund, von einem absoluten Highlight spricht Christian Kirchhoff. Kreisheimatpfleger Nadler und Grabungsleiter Kirchhoff betrachten einen Stein, in dem die Form einer Sichel eingraviert ist.
Für die Archäologen ist der Fund wegen dessen Seltenheit spektakulär, nicht zuletzt, weil die Gussform für bronzene Sicheln zur Gänze erhalten ist. Das Brothaus-Areal in Burgbernheim hat schon manche Schätze aus der Vergangenheit zutage gebracht. Als Nadler am Mittwochabend auf seinem Handy das Bild des Fundes erstmals zu Gesicht bekam, war es ihm sofort klar: Das Grabungsteam hat einen wissenschaftlich erstklassigen Fund gemacht. Im Gespräch mit der FLZ erzählt Nadler, dass es in ganz Bayern „höchstens eine Handvoll“ gebe, und in diesem Erhaltungszustand sei der Fund eine absolute Rarität.
Nach erster Einschätzung der Archäologen sei die Fertigung der Form auf die mittlere Urnengräberzeit, grob um das Jahr 1000 vor Christus, zu datieren – „eventuell auch einen Tick älter“, so der Kreisheimatpfleger. Sowohl das Rohmaterial musste von den hier lebenden Handwerkern für ihre Werkstätten, in denen Bronze in Formen gegossen und weiterverarbeitet wurde, herantransportiert werden, als auch das Gestein, das für die Form Verwendung fand.
Nadler schätzt, dass hitzebeständiges Material aus der Gegend rund um das Fichtelgebirge dafür Verwendung fand. Hitzespuren beweisen, dass die Form in Gebrauch war. Erstaunlich ist die absolut genaue Arbeit der Form, deren passendes Gegenstück ebenfalls in Reichweite lag. Kleine Kanäle neben der Eingussöffnung ließen die Luft entweichen, über weitere Details wie zwei kleine Löcher rätseln die Wissenschaftler vorerst. Dabei könnte es sich um kleine Verstiftungen handeln, die ein Verrutschen der beiden Formteile verhindern. Dem gleichen Zwecke mögen auch Einkerbungen dienen, die die beiden Formteile mittels einer Schnur fest verbanden. Die kommenden wissenschaftlichen Auswertungen sollten Antworten geben.
Jedenfalls zeigt das in Burgbernheim bei den Grabungen entdeckte Stück laut Martin Nadler „die klassische Größe von Sicheln dieser Zeit“, die wahrscheinlich in der Serienherstellung als ein „prämonetäres Zahlungsmittel“ gelten dürften. Sicheln selbst werden bei Ausgrabungen in Deutschland „teils zu Dutzenden gefunden“, Formen aber, wenn überhaupt, dann nur in Bruchstücken. Der nächste bekannte Fundort liege am Hesselberg und nahe Heilbronn in Württemberg – dort wurden ebenfalls komplette Gussformen zutage gefördert.
Burgbernheim kann sich damit einreihen in Orte mit herausragenden archäologischen Fundstücken. „Es wertet diese frühere Siedlung hier ganz massiv auf“, sagte Christian Kirchhoff. Das Handwerk des Bronzegießens war unter den damals lebenden Menschen „eher in höheren Kreisen zu finden“, ergänzt Martin Nadler. Mit einem „hoffentlich habt ihr nicht zu gut gebürstet“ wendet sich Nadler dann an den Grabungsleiter.
Der lächelt. Er weiß, worauf der Kreisheimatpfleger hinauswill. Sollten sich nämlich in den Rillen der Form noch winzigste organische Spuren finden, könne man mittels der Radiocarbonmethode das Alter der Form sehr gut eingrenzen, so Nadler. Vereinfacht dargestellt beruht das Verfahren darauf, dass in abgestorbenen Organismen der Anteil an gebundenen radioaktiven C-Atomen nach dem Zerfallsgesetz abnimmt. Der zeitliche Bereich der möglichen Anwendung liegt bei zirka 300 bis hin zu 60.000 Jahren.
Ein Gang über das Grabungsgelände zeigt schnell, dass das dortige Team trotz extremer Hitze ausgesprochen akribisch und professionell arbeitet – nur zum Teil durch kleine Zelte vor Temperaturen weit über 30 Grad geschützt. Pausieren geht allerdings nicht. Sehr zum Leidwesen der Archäologen wurde ihre Zeit um eine Woche verkürzt.