Der Milchkaffee am Morgen, eine Wurstsemmel in der Mittagspause, der deftige Auflauf zum Abendessen. Fleisch, Milch, Käse und Eier gehören für die meisten Menschen dazu. Schließlich soll Essen nicht nur satt machen, sondern auch schmecken. Aber bei tierischen Lebensmitteln wie Fleisch und Milchprodukten ist weniger oft mehr, so zeigen es die aktuellen und wissenschaftlich basierten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).
Demnach sollte unser Speisezettel zu drei Vierteln aus pflanzlichen und nur zu einem Viertel aus tierischen Lebensmitteln bestehen. Das ist umweltschonend, klimafreundlich und für uns Menschen gesünder. Denn Gemüse und Obst, Hülsenfrüchte, Nüsse sowie Getreideprodukte aus Vollkornmehl stecken voller wichtiger Nährstoffe, die zum Beispiel die Immunabwehr unterstützen und den Blutdruck ausgleichen.
Pflanzliche Snacks und Menüs sind nicht nur nachhaltig und gesund. Sie sind vor allem lecker. Mit Karotten, Kichererbsen oder Cashewkernen lassen sich vielfältige Mahlzeiten zaubern, die Käseauflauf oder Hackeintopf in nichts nachstehen. Noah Luckmann aus Bremen probiert das aus. Seit drei Jahren ernährt sich der 21-jährige Student vegan, also ausschließlich pflanzlich. Für ihn schmeckt das nicht nach Verzicht, im Gegenteil: „Ich bin viel offener geworden und beschäftige mich mehr mit Ernährung, was einfach Spaß macht.“
Tipps holt Noah Luckmann sich bei Freunden oder online in veganen Food-Blogs. Auch im Blog von Helene Holunder alias Barbara Stukenborg gibt es Kochtipps und viele Rezeptideen von simpel bis ausgefallen. Die passionierte Hobbyköchin und Ernährungsberaterin aus Osterholz-Scharmbeck bei Bremen isst seit über 20 Jahren vegan. Ihr Wissen vermittelt sie auch in Kursen.
„Es gibt so viele tolle Möglichkeiten, mit pflanzlichen Zutaten zu kochen, dass ich überhaupt nichts vermisse“, sagt sie. Ersatzprodukte aus dem Kühlregal stehen bei ihr äußerst selten auf dem Speisezettel, das meiste stellt sie selbst her. Einer ihrer Klassiker ist Frischkäse aus pürierten Cashewkernen, den sie mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer verfeinert.
Nicht nur Käse-Fans kommen in der veganen Küche auf ihre Kosten. Auch deftige Gerichte für Fleischliebhaber gelingen mit pflanzlichen Zutaten. Tofu ist eine Art Quark aus Sojabohnen und gehört zu den Klassikern der pflanzenbasierten Küche. In Würfel oder Streifen geschnitten und mit etwas Öl in der Pfanne gebräunt, gibt er Gemüsegerichten eine herzhafte Note.
Räuchertofu hat einen rauchig-würzigen Geschmack, Naturtofu eignet sich optimal zum Marinieren. Vorher sollte man den Tofu-Block gut ausdrücken, da er viel Flüssigkeit enthält. Ob mit Sojasoße und Ingwer, mit Paprika, Kokos oder mediterranen Kräutern – der Experimentierlust sind bei der Marinade fast keine Grenzen gesetzt. Wer mag, kann die Würfel anschließend panieren. So werden sie beim Braten von außen schön knusprig.
Tofu ist ein traditionelles asiatisches Lebensmittel und kommt fast ohne Zusatzstoffe aus. Anders ist das bei vielen Käse- oder Fleischersatzprodukten aus dem Kühlregal. Einige Hersteller, insbesondere im Bio-Bereich, verzichten zwar bewusst auf Zusatzstoffe. Bei anderen Produkten ist die Liste dafür umso länger. Zum Teil sind Zutaten enthalten, die nicht häufig verzehrt werden sollten, wie ein Marktcheck der Verbraucherzentrale Niedersachsen zu Fleischersatzprodukten ergab.
Barbara Stukenborg greift darum eher zu Altbewährtem, hauptsächlich zu frischem Gemüse. Alleskönner der pflanzenbasierten Küche sind Speisepilze. Richtig zubereitet kommen sie Fleischgerichten geschmacklich und in der Konsistenz recht nahe.
So ergeben Austernseitlinge eine leckere Alternative zu Pulled Pork. Dafür reißt man die Pilze in Streifen und lässt sie in einer Marinade aus etwas Öl, Salz, geräuchertem Paprikapulver und Kreuzkümmel ziehen. Anschließend werden sie im Ofen gegrillt oder in der Pfanne scharf angebraten. „Wenn ich damit Wraps fülle, nehmen manche den Unterschied zu Fleisch gar nicht wahr“, so die Ernährungsexpertin.
Auch in Karotten, Zucchini oder Rote Bete steckt mehr, als viele denken. Im Ofen gebacken entfaltet das Gemüse die berühmten Röstaromen. Aufs Blech kommt, was gerade Saison hat: im Sommer Zucchini, Tomaten oder Auberginen, im Herbst und Winter Pilze, Karotten, Kürbis oder Rote Bete. Grob in Streifen oder Scheiben geschnitten wird das Gemüse in einer Schüssel mit etwas Öl, Salz und Pfeffer gemischt. Je nach Geschmack kann man weitere Gewürze zufügen, wie Rosmarin oder Thymian. Auch Zwiebeln und Knoblauch lassen sich mitbacken und sorgen für noch mehr Geschmack.
Barbara Stukenborg verwendet ihr Ofengemüse auch als Grundlage für Dips oder Soßen. Das geht schnell und schmeckt lecker. „Wenn man das gebackene Gemüse im Mixer zerkleinert und mit frischen oder Dosentomaten noch mal einkochen lässt, hat man eine leckere Tomatensoße der Bolognese-Art“, sagt Stukenborg.
Und wie steht es um den von vielen geliebten Milchkaffee? Pflanzendrinks, zum Beispiel auf Hafer-, Soja- oder Mandelbasis, gibt es inzwischen sogar im Discounter. Aber nicht jeder mag diese Variante. Sojadrink hat einen starken Eigengeschmack, und beim Kaffee mit Hafer- oder Mandeldrink sind Säure und Bitterstoffe oft sehr dominant. Hier sorgt eine Prise Kochsalz im Kaffeebecher für ein angenehm mildes Aroma.
Ob Pflanzendrink oder gebratene Pilze – etwas Experimentierfreude gehört zum pflanzenbasierten Kochen und Essen dazu. Noah Luckmann gefällt das: Er gibt inzwischen auch ungeliebten Gemüsesorten eine zweite Chance. Nach einigen kulinarischen Experimenten schmecken ihm sogar Pilze, die er früher gar nicht mochte. Und Käse oder Fleisch? Beides vermisst er schon lange nicht mehr.
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