Es dürfte eines der aktuell gefragtesten Bücher sein, doch wer „Die Holländerinnen“ von Dorothee Elmiger kaufen will, sucht mitunter vergeblich. Der Siegertitel beim Deutschen Buchpreis ist in vielen Buchhandlungen vergriffen, und das nicht erst seit der Verleihung am Montag. Und auch bei einem bekannten Großhändler im Netz ist das Buch kurzfristig nicht zu haben.
„Für uns Verlage ist es gerade schwerer denn je, an Nachauflagen zu kommen“, erklärt der Verleger des Hanser Verlags, Jo Lendle, der den Roman herausbringt. „Wir haben so was in 30 Jahren nicht erlebt.“ Das Buch, das es am härtesten getroffen habe, sei ausgerechnet „Die Holländerinnen“.
Das Beispiel zeigt einen generellen Missstand in der Branche. „Tatsächlich ist ein Problem momentan: Wo bekommen wir unsere Bücher her?“, sagt Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels „In den Verlagen sind die Herstellungsabteilungen wirklich am Jonglieren, damit sie Bücher gefertigt bekommen.“
Ähnlich klingt es bei der Verlagsgruppe HarperCollins in Hamburg. „Wir sind wie alle Verlage mit längeren Nachdruckzeiten als gewohnt konfrontiert und müssen unsere Planung diesbezüglich anpassen und besser vorausplanen“, sagte Herstellungsleiterin Magdalena Mau. „Durch langjährig gefestigte Lieferantenbeziehungen und geschicktes „Tetris spielen” in der Herstellung können wir die Nachfrage bislang aber bedienen.“
Die knappen Druckkapazitäten reihen sich ein in eine Serie von Herausforderungen für die Verlage: Zur Corona-Pandemie 2020 waren die Lieferketten unterbrochen, und nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine 2022 gab es einen Ressourcenmangel, so schnellten etwa die Papierpreise die Höhe.
Was sind die Gründe für die aktuelle Krise? Hier komme eine Vielzahl an Faktoren zusammen: „Schließungen von Druckereien sowie Fachkräftemangel, kleinteiligere und vorsichtigere Auflagenplanung seitens der Verlage, geballte Produktionsvolumen hin zum Herbst- und Weihnachtsgeschäft“, zählt Mau auf.
Und was kann getan werden, damit sich die Situation wieder verbessert? Ein wesentliches Problem sei der Fachkräftemangel, ergänzt Schmidt-Friderichs. „Wir brauchen mehr Menschen, die auch in Ausbildungsberufe gehen oder die das Handwerk wieder ernst nehmen.“
Wenn durch knappe Druckkapazitäten Bücher nicht schnell genug verfügbar sind, etwa weil sie überraschend erfolgreich sind, ist das natürlich sehr ärgerlich - ob für Verlage, Leser oder Autoren. „Das kann den Erfolg des Titels maßgeblich ausbremsen“, sagt Mau.
Oft seien Bücher eine Zeit lang besonders im Gespräch, was eine punktuelle kurzfristige Nachfrage erzeuge, betont Lendle. Seien die Bücher dann erst deutlich später wieder zu bekommen, riskieren die Verlage, dass das Interesse schon weitergezogen sei. Daher, so bilanziert der Verleger: „Bücher sind die Dubai-Schokolade dieses Herbstes.“
Sein Verlag Hanser hat indes unmittelbar nach dem Triumph von „Die Holländerinnen“ beim Buchpreis reagiert: So habe man mit der Druckerei relativ früh ausgemacht: „Wenn das Buch gewinnt, dann müsst ihr alles stehen und liegen lassen und eine riesige Auflage nachdrucken. Das haben sie uns versprochen“, sagte Lendle direkt nach der Verleihung. Eine erste kleinere Tranche gebe es an diesem Mittwoch. Am kommenden Montag folge eine große Tranche. „Ab dann wird es bis Weihnachten lieferbar sein.“
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