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Veröffentlicht am 14.12.2024 12:30

Nach der Sepsis: 48-Jährige aus Heilsbronn lebt mit Prothesen

Eine Sepsis, umgangssprachlich Blutvergiftung, hat Conny Sichermanns Leben von heute auf morgen auf den Kopf gestellt. Im Juli berichtete die FLZ zuletzt über die heute 48-Jährige, die sich zurück ins Leben gekämpft hat.

„Jede Entzündung kann zu einer Sepsis führen – wenn der Körper just in dem Moment ein schlechtes Immunsystem hat.“ Das weiß Conny Sichermann aus leidvoller Erfahrung. Im August 2022 musste die Heilsbronnerin nach einer überstandenen Krebserkrankung zur Operation ins Krankenhaus. Noch während des Klinikaufenthaltes entwickelte sich als Folge einer Infektion durch einen multiresistenten Keim eine schwere Sepsis mit hohem Fieber.

Langsam geht es aufwärts: Mit ihrer Beinprothese ist Conny Sichermann wieder ein Stück weit mobiler. (Foto: Andrea Walke)
Langsam geht es aufwärts: Mit ihrer Beinprothese ist Conny Sichermann wieder ein Stück weit mobiler. (Foto: Andrea Walke)

Heilsbronnerin durchlebt Sepsis: „Der Körper vernichtet sich selbst“

Conny Sichermann hat durch die schwere Krankheit mehrere Gliedmaßen verloren. Wie hat sich die 47-Jährige ins Leben zurückgekämpft?

Ihr Zustand wurde erst viel zu spät erkannt, und sie erlitt einen septischen Schock mit Multiorganversagen, fiel ins Koma. Die Sepsis verursachte Gerinnungsstörungen, es bildeten sich Thrombosen, die Gliedmaßen färbten sich schwarz. Conny Sichermann wurde künstlich beatmet und an die Dialyse angeschlossen. Als sich ihr Zustand nicht besserte, bestellten die Ärzte ihre Familie ein, damit sie sich von ihr verabschieden konnten.

Sie versucht, die positiven Seiten zu sehen

Wie durch ein Wunder regenerierten sich noch im Koma ihre Organe. Doch stand zu befürchten, dass die Nekrosen (Absterben von Zellen) in den Gliedmaßen fortschreiten. Nach dem Aufwachen musste sie entscheiden, ob sie ihren Arm amputieren lässt – oder stirbt. Sichermann entschied sich für das Leben. Der rechte Oberarm kam ab, Monate später auch der rechte Unterschenkel, es folgten Finger und Zehen auf der linken Seite. Unterstützt wurde sie in der schweren Zeit von ihrer Familie.

„Ich versuche, das Positive aus meinem Schicksal zu ziehen und anderen zu helfen“, sagt sie heute. Am Anfang habe sie sich geschämt, nach draußen zu gehen. Sie wurde oft angestarrt. Mittlerweile geht sie wieder gern unter Menschen. Und nutzt jede Gelegenheit, um zu informieren: „Sepsis kann jeden treffen.“

Engagement rund um das Thema Amputationen

Conny Sichermann ist im Vorstand des Vereins Deutsche Sepsis-Hilfe und verantwortlich für die Regionalgruppe Mittelfranken. Sie berät Betroffene sowie deren Angehörige zum Thema „Amputationen“. „Ich habe gemerkt, dass es den einen oder anderen gibt, der gerne reden würde, weil er das auch erlebt hat.“ Erreichbar ist sie unter der E-Mail-Adresse mittelfranken@sepsis-hilfe.com. Auch auf Instagram ist sie aktiv, betreut den Account sepsis.mittelfranken. Darüber hinaus engagiert sie sich für ein neues Projekt der Sepsis Stiftung, bei dem Schwangere und Neugeborene mit Sepsis im Fokus stehen.

Privat erlebt Sichermann, die nicht mehr in ihren geliebten Beruf als Kinderpflegerin zurückkehren kann, Höhen und Tiefen. Inzwischen ist ihr Bad behindertengerecht umgebaut. „Ich kann jetzt wieder in meinen eigenen vier Wänden duschen und muss dazu nicht mehr eine Etage tiefer in die Wohnung meiner Mutter“, freut sie sich. „Die ansässigen Firmen haben geholfen, damit das schnell über die Bühne geht.“

Phantomschmerzen quälen: Noch viele Baustellen zu bewältigen

Trotz der Fortschritte gibt es aber noch immer viele Baustellen in ihrem Leben. Die myoelektrische Armprothese ist noch in der Anpassungsphase. Damit soll sie irgendwann ihre künstlichen Finger über die Muskeln im Armstumpf steuern können. Sichermann übt regelmäßig mit dem Hilfsmittel. „Das ist aber nicht so einfach, weil ich arge Phantomschmerzen habe.“ Jahrelanges Training sei nötig, „damit man das so einsetzen kann, wie man möchte“. Darüber hinaus ist die Prothese sehr schwer, und sie benötigt Hilfe beim An- und Ausziehen. Wenn sie nach draußen geht, trägt Sichermann daher nur ihre Schmuckprothese. Diese kaschiert den fehlenden Arm, hat aber ansonsten keine Funktion.

Manchmal fällt es Conny Sichermann noch schwer, Hilfe anzunehmen. „Ich esse so gern ein weichgekochtes Ei. Kann ich nicht, da muss ich mich füttern lassen.“ Aber nicht immer mag sie darum bitten. „Meine Angehörigen würden wirklich alles für mich machen, aber man will halt auch nicht zur Last fallen.“

Es gibt Lichtblicke für die 48-Jährige

Ihr großer Wunsch ist ein Oberarmprothesenschaft mit Ellbogengelenk und Haltegriff. Damit könnte sie zum Beispiel beim Haarekämmen den Kamm festhalten. „Das ist ein Ersatzhilfsmittel, wenn mir die Armprothese zu schwer wird“, erklärt sie. Weil sie aber bereits eine Prothese besitzt, übernimmt die Krankenkasse die Kosten nicht. „Für mich wäre das ein schneller Alltagshelfer.“

Nicht immer ist ihr neues Leben für Conny Sichermann leicht zu verkraften. „Es sind manchmal traurige Stunden dabei“, gibt sie zu. Aber es gibt auch Lichtblicke: „Unser Sohn hat geheiratet. Ich werde Oma. Das sind die Dinge, für die ich gekämpft habe. Ich wollte weiterleben – ich wollte das noch erleben.“

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Conny Sichermann lernt, mit ihren Prothesen zu leben. (Foto: Andrea Walke)
Conny Sichermann lernt, mit ihren Prothesen zu leben. (Foto: Andrea Walke)
Conny Sichermann lernt, mit ihren Prothesen zu leben. (Foto: Andrea Walke)

Andrea Walke
Andrea Walke
... ist Redakteurin in der Lokalredaktion Ansbach und seit Dezember 2012 bei der FLZ. Sie fühlt sich in Rathäusern genauso wohl wie in Gerichtssälen und trifft am liebsten Menschen, die eine interessante Geschichte zu erzählen haben. Seit 2017 betreut sie redaktionell die Aktion "FLZ-Leser helfen".
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