Ein wenig markgräflicher Pomp, lange Tafeln, Beschlüsse zum Hochwasserschutz – und eine Forderung, die Naturschützer wie Landwirte in Bayern bewegen dürfte: Die Sitzung des Kabinetts der bayerischen Staatsregierung fand am Dienstag nicht in den üblichen Räumen in München statt. Stattdessen hatte sich die Politikerschar um Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen anderen Ort für ihr Treffen ausgesucht: die Orangerie im Ansbacher Hofgarten.
Zuvor hatte Söder noch die neue Intergrierte Leitstelle in Ansbach besichtigt – und sich als Feuerwehrmann in Schale geworfen.
Für mediale Aufmerksamkeit sorgte in Ansbach aber auch Jagd- und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Dieser widmete sich am Rande der Kabinettssitzung einem kontroversen Thema: Wie umgehen mit Bibern, die landwirtschaftliche Flächen beeinträchtigen?
In diesem Zuge sprach sich Aiwanger für einen unkomplizierten Abschuss von Bibern aus. „Ich höre immer wieder von Landwirten und Gemeinden vor Ort, dass sie Biberprobleme haben. Also auch hier haben wir die Lösung, die Landratsämter können den Biberabschuss genehmigen“, sagte der Freie-Wähler-Chef.
Aiwanger betonte, rechtlich stehe dem „fast nichts im Weg, sofern Infrastruktur, Kläranlagen, Abwassernetze und so weiter durch diese Wühltätigkeit und Staudammtätigkeit gefährdet“ seien. Während der eine oder andere darüber schmunzeln möge, würden Grundstückseigentümer und Kommunen, die die Schäden hätten, Sturm laufen. „Also auch hier haben wir Lösungen. Bitte Anträge stellen. Und bitte, liebe Jäger, dann auch die Dinge zu entnehmen.“
Hintergrund der Möglichkeit ist die Novelle des bayerischen Artenschutzgesetzes, welche im September bereits Thema im Kabinett war.
Der Biber ist den Angaben zufolge seit etwa 15 Millionen Jahren in Bayern heimisch und wird heute streng geschützt – fast war das Tier ausgerottet. Dank Schutzmaßnahmen erholte sich die Art wieder. Laut dem Bundesnaturschutzgesetz ist es verboten, Bibern nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten sowie Burgen und Dämme zu beschädigen oder zu zerstören. Er ist in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU zudem als streng geschützte Art aufgeführt.
Der Biber spielt bei der heimischen Artenvielfalt eine wichtige Rolle: Er schafft Lebensräume für andere seltene Arten und trägt zum Hochwasserschutz und zur Renaturierung von Auen bei, wie es hieß. Genehmigungen zur Entnahme von Dämmen dürfen ausschließlich die Naturschutzbehörden erteilen.
Mit dem Hochwasserschutz beschäftigte sich denn auch das Kabinett im offiziellen Teil der Sitzung. Beschlossen wurde ein neues Wassergesetz, das die Kommunen entlasten soll. Der Beschluss sieht vor, dass Städte und Gemeinden zukünftig grundsätzlich nur noch 20 Prozent der Planungs-, Bau- und Grunderwerbskosten für Hochwasserschutzmaßnahmen tragen müssen statt der bisherigen bis zu 50 Prozent. Nach Angaben des Umweltministeriums werden die Kommunen damit um knapp 19 Millionen Euro pro Jahr entlastet.
Das Gesetz sieht nicht nur neue Regelungen für den Hochwasserschutz vor – auch der seit vielen Jahren geforderte und lange auch in der Koalition von CSU und Freien Wählern umstrittene Wassercent ist darin enthalten. Es legt zur Sicherung der Trinkwasserversorgung auch fest, dass Wasserentnahmen zur öffentlichen Trinkwasserversorgung Vorrang vor anderen Nutzungen haben.
Pro Kubikmeter Grundwasser werden künftig einheitlich 10 Cent fällig. Alle Wasserentnehmer zahlen aufgrund des gesetzlich vorgesehenen Freibetrags erst ab der Menge, die 5000 Kubikmeter übersteigt. Privatpersonen profitieren davon nicht: Die Freimenge gilt nicht für den einzelnen Kunden, sondern für den Wasserversorger, für Wasserzweckverbände und Nutzer eigener Brunnen sowie für Unternehmen und die Industrie.
Privatpersonen wird der Wassercent nicht direkt in Rechnung gestellt, sondern dem Wasserversorger – der das Entgelt aber auf die Kunden umlegen dürfte. Deren Belastung hält sich in Grenzen: Gemessen am durchschnittlichen Wasserverbrauch von knapp 140 Liter pro Person und Tag kommen auf Privathaushalte rund fünf Euro pro Person und Jahr an zusätzlichen Kosten zu. Fällig werden soll der neue Wassercent mit Wirkung zum 1. Juli 2026.