Schon der März war einer der trockensten in Deutschland seit Aufzeichnungsbeginn - und die ersten Apriltage brachten ebenfalls keinen Regen. In den kommenden Tagen falle Regen „allenfalls in homöopathischen Mengen“, sagt Marcel Schmid vom Deutschen Wetterdienst (DWD).
Die Bodenfeuchte lag nach DWD-Daten im März in den oberen Schichten besonders im Norden gebietsweise bis zu 20 Prozent unter den langjährigen Minimalwerten - auch weil schon der Winter und insbesondere der Februar zu trocken war.
DWD-Experte Andreas Brömser spricht zwar von einer „ungewöhnlich niedrigen Bodenfeuchte für diese Jahreszeit“, hält die Lage aber nicht für dramatisch. In der Tiefe seien die Böden durch das niederschlagsreiche Vorjahr noch gut mit Wasser gesättigt. Einige niederschlagsreiche Wochen könnten die aktuelle Trockenperiode wieder ausgleichen.
„Daher müssen wir im Moment nicht davon ausgehen, dass wir eine ausgeprägte Dürre im Sommer erleben werden“, betont Brömser. Auch die Grundwasserspeicher seien noch gut gefüllt.
Tatsächlich gibt es anhaltende Dürren im Zuge des Klimawandels in Deutschland nicht nur im Sommer häufiger, sondern auch als Frühjahrstrockenheit. „Infolge des Klimawandels besteht mit steigenden Temperaturen und damit steigender Verdunstung ein Trend zu zunehmender Frühjahrstrockenheit“, erklärt Brömser.
„Die mittlere Entwicklung der Natur verfrüht sich durch die höheren Temperaturen, womit die Pflanzen auch früher im Jahr dem Boden Wasser entziehen“, sagt der DWD-Meteorologe. „Damit nimmt die Häufigkeit von Trockenstress bei den Pflanzen zu.“
„Wir schauen mit gewisser Sorge auf die aktuelle Wettersituation“, sagt Bauernpräsident Joachim Rukwied. „Die Bedingungen für die Frühjahrsbestellung waren weitestgehend gut, jetzt warten wir dringend auf Niederschläge.“
Rukwied erläutert: „Generell ist jedoch ein trockeneres Frühjahr mit einem feuchten Frühsommer vorteilhafter als umgekehrt.“ Ackerpflanzen bräuchten in der Wachstumsphase, aber vor allem später in der Phase der Kornausbildung im Frühsommer ausreichend Wasser.
Aus der aktuellen Situation ließen sich noch keine Rückschlüsse auf die Ernte ziehen, sagt der Bauernpräsident. „Bis zur Erntezeit können noch zahlreiche Witterungsereignisse eintreten, die die Erträge sowohl positiv als auch negativ beeinflussen können. Die Gefahr einer Verknappung von Lebensmitteln aufgrund von Trockenheit sehen wir derzeit noch nicht.“
Besorgter zeigt sich der Sprecher der Landwirtschaftskammer im niedersächsischen Oldenburg, Wolfgang Ehrecke: „Wenn es nicht bald und ergiebig regnet, sind regional durchaus erhebliche Ertragsverluste möglich.“ Feuchte in der oberen Bodenschicht ist vor allem für flach wurzelnde oder neu keimende Pflanzen wichtig - in der Natur ebenso wie in der Landwirtschaft, wo in den vergangenen Wochen zum Beispiel Sommergetreide und Zuckerrüben gesät wurden.
Vielen Tieren macht eine Frühjahrsdürre schwer - und vor allem nachhaltig - zu schaffen. Mangelnder Niederschlag im Frühjahr ist insbesondere für Insekten ein Problem, wie Markus Pfenninger von der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz erklärt. Stark betroffen seien auch davon abhängige Arten wie viele Singvögel mit ihren Bruten.
„Je weniger Individuen in den ersten Generationen des Jahres überleben, desto kleiner bleibt die Gesamtpopulation übers Jahr gesehen - einfach weil es die Individuen nicht gibt, die sich fortpflanzen könnten, selbst wenn sich die Bedingungen später im Jahr wieder verbessern.“
Die Waldbrandgefahr ist laut DWD bereits früh im Jahr deutlich gestiegen. Das rheinland-pfälzische Klimaschutzministerium warnt davor, die derzeitige Trockenheit sei ein „reales Waldschutzproblem“.
Die Wahrscheinlichkeit von Sekundärschäden der Bäume durch Insekten nehme zu, weil sich geschwächte Bäume weniger gut wehren könnten. „Es haben relativ viele Borkenkäfer den Winter überlebt“, heißt es vom Ministerium.
Der Wasserstand ist zum Beispiel am Bodensee aktuell sehr niedrig. Weil es auch in den kommenden Tagen nicht regnen soll, könnte er noch weiter sinken. Am Untersee, dem westlichen Teil, ist bereits ein Hafen ausgetrocknet, mehrere weitere können nicht angefahren werden.
Ursache für den niedrigen Wasserstand sind geringe Regenfälle und wenig Schmelzwasser aus den Alpen. Das liegt daran, dass auf den Bergen im Einzugsgebiet des Rheins, der in den Bodensee fließt, weniger Schnee liegt als im langjährigen Mittel.
Auf dem Rhein können größere Schiffe angesichts der ungewöhnlich tiefen Pegelstände nur mit deutlich weniger Ladung fahren - mit Folgen für die Wirtschaft.
„Bei einer langanhaltenden Dürre kann es regional zu Herausforderungen kommen, beispielsweise wenn Trinkwasser aus Flüssen oder Seen gewonnen wird und diese deutlich weniger Wasser führen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Aktuell gibt es aber keinen Grund zur Sorge. Die Trinkwasserversorgung für die Menschen ist sicher.“ Dennoch: „Auch für die Bürgerinnen und Bürger gilt: Wir müssen sparsam mit der wertvollen Ressource Wasser umgehen.“
„Die aktuelle Dürre ist besorgniserregend“, sagte die geschäftsführende Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). „Land- und Forstwirtschaft, aber auch wir alle spüren die Folgen der Klimakrise deutlich.“ Um Umwelt, Wohlstand und Sicherheit zu schützen, müsse das Wasser besser in der Landschaft gehalten werden. „Wir müssen die Ökosysteme wiederherstellen und brauchen ein besseres Wassermanagement“, sagte Lemke. „Gesunde Flüsse, Auen, Moore, Böden und Wälder speichern Kohlenstoff und Wasser und machen unser Land so widerstandsfähiger gegen die Klimakrise.“
Ein Lächeln dürfte der März vielen Photovoltaikanlagenbesitzern ins Gesicht gezaubert haben. 199 Stunden Sonne habe er im Mittel gebracht, hieß es vom DWD. „So viele Sonnenstunden sind statistisch normalerweise nur in den Sommermonaten zu erwarten.“ Der Referenzwert liege bei 111 Stunden (Periode 1961 bis 1990). „Es ist allgemein zu erkennen, dass in den letzten zwei Jahrzehnten der März flächendeckend immer sonniger wurde.“
Zudem gibt es eine gute Nachricht für Hobbygärtner: Durch die anhaltende Trockenheit scheint sich die Spanische Wegschnecke dieses Jahr weniger zu verbreiten. Sie ist unter anderem dafür bekannt, mühsam angezogene Pflänzchen über Nacht bis auf den Stumpf wegzufressen.
Da wünscht man sich mancherorts wohl mehr trockene Tage. Dem EU-Klimawandeldienst Copernicus zufolge war der März in weiten Teilen Südeuropas überdurchschnittlich feucht, insbesondere auf der Iberischen Halbinsel, die von einer Reihe von Stürmen und großflächigen Überschwemmungen heimgesucht wurde. Weitere Regionen mit überdurchschnittlicher Feuchtigkeit waren Norwegen, Teile Islands sowie der Nordwesten Russlands.
Im Norden Griechenlands sackten die Temperaturen kürzlich um teils 20 Grad in den Minusbereich. Vielerorts fiel Schnee, auch in der Hafenstadt Thessaloniki. Streufahrzeuge rückten aus und Schüler blieben zu Hause.
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