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Veröffentlicht am 04.11.2022 11:21

Wie Rothenburg es in den alten Reichstag in Berlin schaffte

Bei der Arbeit an seinem großformatigen Rothenburg-Bild bediente sich der Künstler einiger selbst erstellter Vorstudien. Eine davon, entstanden im Jahr 1906, ist Teil der Kunstsammlung des Mittelalterlichen Kriminalmuseums. (Repro: Mittelalterliches Kriminalmuseum)
Bei der Arbeit an seinem großformatigen Rothenburg-Bild bediente sich der Künstler einiger selbst erstellter Vorstudien. Eine davon, entstanden im Jahr 1906, ist Teil der Kunstsammlung des Mittelalterlichen Kriminalmuseums. (Repro: Mittelalterliches Kriminalmuseum)
Bei der Arbeit an seinem großformatigen Rothenburg-Bild bediente sich der Künstler einiger selbst erstellter Vorstudien. Eine davon, entstanden im Jahr 1906, ist Teil der Kunstsammlung des Mittelalterlichen Kriminalmuseums. (Repro: Mittelalterliches Kriminalmuseum)

Als vom 27. auf den 28. Februar 1933 in Berlin der Reichstag brannte, ging auch ein großes Wandgemälde, das die Stadtsilhouette Rothenburgs zeigte, in Flammen auf. Eine von Maler Gustav Schönleber angefertigte Vorstudie des Werkes blieb aber erhalten und ist Teil der Kunstsammlung des Mittelalterlichen Kriminalmuseums in Rothenburg.

Gustav Schönleber gilt heute als einer der bekanntesten Vertreter des deutschen Impressionismus. Der 1851 im württembergischen Bietigheim geborene Maler hatte, wie Museumsmitarbeiterin Anja Bergermann berichtet, Rothenburg erstmals 1870 als junger Mann besucht und blieb der Stadt danach verbunden. Lebensmittelpunkt Schönlebers war von 1880 an Karlsruhe, wo er an der Akademie der Bildenden Künste eine Festanstellung als Dozent hatte und sich auch sein Atelier befand.

Schönleber war renommierter Landschaftsmaler

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts habe er zu den renommiertesten Landschaftsmalern in Deutschland gehört, weshalb er dafür ausgewählt worden sei, bei der künstlerischen Aufwertung des 1894 nach zehn Baujahren eingeweihten Reichstagsgebäudes in Berlin mitzuwirken. Der damals neue Regierungssitz sei auch als Symbol „für die noch junge Einheit des Deutschen Reichs“ angesehen worden, erklärt Anja Bergermann.

Als ein „Mittel zur Schaffung eines nationalen Verständnisses“ hätten die Verantwortlichen die Verzierung der Innenwände mit repräsentativen Gemälden betrachtet. Schönleber sei für die Aufwertung des ursprünglich mit einer einfachen Holzverkleidung versehenen Stenografensaals des Gebäudes zuständig gewesen.

Zunächst habe er 1897 eine großformatige Ansicht der elsässischen Stadt Straßburg im Morgenlicht realisiert, die nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870 bis 1871 zum Deutschen Reich gehörte. Sein zweites großes Gemälde für diesen Saal sei dann 1908 in seinem Atelier in Karlsruhe entstanden. Es habe „in monumentaler Größe von 4,5 auf 7,3 Metern das kleine Städtchen Rothenburg ob der Tauber“ gezeigt, berichtet die Museumsmitarbeiterin.

Rothenburg als „nationales Monument“ stilisiert

Schönlebers Darstellung Rothenburgs für den Reichstag habe den vielbesuchten mittelalterlichen Ort als „nationales Monument“ stilisiert, so Anja Bergermann. Die Silhouette einer märchenhaften Altstadt, eingebettet in eine malerische Landschaft, sei „bezeichnend für die romantisierende Heimatbewegung“ des späten 19. Jahrhunderts, der Schönlebers in dieser Zeit entstandene Arbeiten zugerechnet werden könnten. Dass für die künstlerische Aufwertung des Reichstages überhaupt ein derart großes Rothenburg-Gemälde in Auftrag gegeben worden und gegenüber der Darstellung der Großstadt Straßburg platziert worden sei, unterstreiche das große kulturelle Renommee, das die historische Stadt schon damals genossen habe.

Über einen Zeitraum von 25 Jahren, also während des Ersten Weltkrieges und der Zeit der Weimarer Republik, hing das Rothenburg-Panorama im Stenografensaal des Reichstages, bis es beim Brand des Gebäude zwischen dem 27. und 28. Februar 1933 zerstört wurde. Die Frage, wer das Feuer gelegt hat, beschäftigt nach wie vor die Historiker. So ist die Vermutung, dass eine Gruppe von Nationalsozialisten dafür verantwortlich war, nicht belegt. Kein Zweifel besteht aber daran, dass direkt nach dem Reichstagsbrand per Verordnung des Reichspräsidenten die Weimarer Verfassung außer Kraft gesetzt und endgültig von der nationalsozialistischen Diktatur abgelöst wurde.

Gustav Schönleber erlebte diese Zeit nicht mehr mit. Er war bereits Anfang 1917 im Alter von 65 Jahren in Karlsruhe verstorben. Heute hängen Werke Schönlebers in wichtigen Museen, etwa in der Berliner Nationalgalerie, der Bremer Kunsthalle oder der Stuttgarter Staatsgalerie.

Bei der Arbeit an seinem 1908 im Reichstag platzierten Rothenburg-Panorama habe Schönleber auf diverse Vorstudien und Skizzen zurückgegriffen, die 1905 und 1906 bei längeren Studienaufenthalten in der Stadt entstanden seien, erklärt Anja Bergermann. Eines dieser Werke habe sich das Kriminalmuseum unter seinem damaligen Leiter Dr. Karl-Heinz Schneider 2004 bei einer Kunstauktion in Köln sichern können. Es handele sich um ein Ölgemälde, das Schönleber laut Signatur im Jahr 1906 angefertigt hatte. Es sei erfreulich, dieses Werk nun mit einem entsprechenden Kontext im Rahmen der aktuellen Sonderausstellung präsentieren zu können.

Diese Stadtansicht sei geprägt von einer reizvollen abendlichen Lichtstimmung. Dächer und Häuser seien „mit leuchtenden Farben in warmes Abendlicht gehüllt“, so die Kunsthistorikerin weiter. Dieses Werk, das „ganz in der Manier des realistischen Impressionismus“ gehalten sei, habe durchaus seinen eigenen künstlerischen Wert. Aber seine besondere Bedeutung beziehe es natürlich „aus der unwiederbringlichen Zerstörung des Hauptgemäldes in Berlin“.

Weiteres Gemälde im RothenburgMuseum

Neben dem Exemplar, das dem Kriminalmuseum gehört, gibt es noch ein zweites Rothenburg-Gemälde Gustav Schönlebers in der Stadt. Es ist Teil der Kunstsammlung des RothenburgMuseums und hing laut Stadtarchivar Dr. Florian Huggenberger jahrzehntelang im Eingangsbereich des Hauses. Danach gehörte das Werk zur repräsentativen Ausstattung des Oberbürgermeister-Amtszimmers im Rathaus, um von dort 2009 wieder ins Museum zurückzuwandern. Aktuell befinde sich das Bild im Depot, so Huggenberger. Der Zustand sei in Ordnung.

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