Ein Vater, der seinen für immer verloren geglaubten Sohn wieder in die Arme schließen kann. Ein Landwirt, der auf seinem Hof kurzerhand den Bundeskanzler zu Besuch hat. Ein Tierheim-Chef, der die Spende seines Lebens erhält. Das Jahr 2024 war in Westmittelfranken reich an emotionalen und einschneidenden Ereignissen.
Zwischen tragischen Schicksalsschlägen und unglaublichen Momenten, zwischen Not- und Glücksfällen waren die FLZ-Reporter an allen 365 Tagen des Jahres im Einsatz. Viele Themen begleiteten uns und Sie über Wochen oder sogar Monate. 24 Geschichten für 2024: Das ist unsere Auswahl der Ereignisse, die unsere Region bewegt haben.
Es war DAS Thema gleich zu Beginn des Jahres: Landwirte auf den Barrikaden spalteten die Meinung der Bevölkerung. Während die einen ihre Solidarität mit den Protestierenden ausdrückten, lagen bei anderen angesichts der wiederkehrenden Blockade-Aktionen die Nerven blank. Als besonders einschneidend erwies sich der 8. Januar: Landwirte legten quer durch Westmittelfranken an wichtigen Knotenpunkten den Verkehr lahm. Im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim zog sich der stockende Verkehr von Bad Windsheim bis Neustadt.
Wer um den Jahreswechsel herum die Feiertagskilos gemütlich auf dem Sofa verdaute, der konnte beim Durchzappen durch die Fernsehkanäle bei Günther Jauch landen. Mit „Wer wird Millionär?” sittet der Moderator auf RTL seit Jahrzehnten an mehreren Tagen die Woche ab 20.15 Uhr die Nation durch die Röhre hindurch. Und dann saß da auf dem Ratestuhl dem Quizmaster gegenüber auf einmal Andrea Thoma-Kreß aus dem Aischgrund. Heiter flachste die Dachsbacherin mit Jauch über Windeln und erspielte sich prompt eine stattliche Summe.
Mit der Politik ist das so eine Sache: Da ist der Antrieb, Dinge zu verändern, verbessern zu wollen. Da ist aber auch die Belastung, der Druck, die Verantwortung. Eine Balance, die auch Neustadts Landrat Helmut Weiß (CSU) versuchte, auszutarieren. Im Februar 2024 dann allerdings: der Paukenschlag. Weiß verkündete seinen Rücktritt für Juni – aus gesundheitlichen Gründen.
Nicht nur Helmut Weiß bewogen im Februar die Gedanken an seine Gesundheit zu einschneidenden Entscheidungen. Ein emotionales Ende musste auch das Ehepaar Rager in Ansbach verkünden. Die über 100 Jahre alte Traditionsbäckerei hatte vor allem den Ruf besonders schmackhafter Brezen. Doch weil die Ragers ernsthaft erkrankt waren, blieb ihnen Mitte Februar nichts anderes mehr übrig: Sie sperrten die Bäckerei zu – für immer?
Warum in der Ferne dinieren, wenn es auch vor der Haustür auf Spitzenniveau geht? In Sachen kulinarischer Genüsse hat die Region im März einen wirklich bedeutenden Sprung gemacht: Bei der alljährlichen Verleihung der Michelin-Sterne – der Auszeichnung schlechthin für gehobene Küche – räumte Westmittelfranken gleich dreimal ab. Sowohl ein Lokal in Rothenburg, als auch zwei Restaurants im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim stehen seitdem im „Guide Michelin”. Das westlichste Westmittelfranken: ein neues Mekka der Spitzengastronomie?
Ein gastronomisches Angebot der anderen Art erhitzte in der Karwoche die Gemüter rund um Ansbach: Das besonders unter Jüngeren beliebte „Beerenweinfest” zog jahrelang traditionell Tausende zur Gotzenmühle bei Lichtenau. Die „Pilger” hatten schon auf dem Weg oft ordentlich getankt, am Hof ging die Party dann weiter. Doch Behördenauflagen verleideten dem Organisator das Fest 2024: Er blies die Sause kurzerhand ab.
Monate des Aufruhrs hatte Bad Windsheim in 2024 mehr als genug (siehe November). Der April allerdings hatte es vor allem polizeilich in sich. Gleich mehrere größere Einsätze erregten erhebliches öffentliches Aufsehen. Auf dem Frühlingsfest irritierte ein Mann mit einer vermeintlichen Schusswaffe. Im Kurpark versetzten „verdächtige Knallgeräusche” Anwohner in Angst. Besonders dramatisch ging es aber am 5. April zu, als Polizisten am Bahnhof einen Mann niederschossen. Recherchen der FLZ zeigten, wie sich die Situation hochgeschaukelt hatte.
Stiliyan Shatov ist im April 2024 Fußballer bei der SpVgg Ansbach. Und doch darf er nicht dazu gehören. Die FIFA hat etwas dagegen. Der Fall des damals 16-Jährigen schlug hohe Wellen: Der junge Bulgare ackert und schwitzt für die nullneuner – und steht bei Punktspielen trotzdem am Rand, weil der Weltfußballverband ihm keine Spielberechtigung erteilt. „Das ist mein schlimmster Fall seit 40 Jahren“, stöhnte Harald Riegler von der SpVgg Ansbach.
Es ist der 1. Mai 2024 und im Wald bei Burgbernheim fällt ein Schuss. Spaziergänger finden später eine Leiche. Es ist ein 54-Jähriger aus Baden-Württemberg. Und schnell steht ein ungeheuerlicher Verdacht im Raum: Hat der 18-jährige Sohn seinen eigenen Vater auf einem Jagdausflug mit Absicht erschossen? Die Tat schockiert den Ort – und mündete im November in einen Prozess am Landgericht Nürnberg-Fürth.
Gibt es ein größeres Happy End, als die Rückkehr eines vermissten, für immer verloren geglaubten Kindes? Die Familie Ramming aus Markt Bibart kann diese Frage beantworten. Sohn Till tauchte 2017 als Teenager unter rätselhaften Umständen unter. Sein Verschwinden wurde in den Folgejahren zu einem der großen Vermisstenfälle in Deutschland. Und plötzlich ist er wieder da: Till Ramming meldet sich per Chat bei der Familie – und kehrt einige Wochen später zurück. Der FLZ beschrieb Vater Erwin, wie er diesen unglaublichen Glücksmoment erlebte.
Während der Rest Deutschlands auf die Europawahl blickte, lag der Fokus im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim auf einer anderen Entscheidung: Wer tritt die Nachfolge von Landrat Helmut Weiß an? Die Bürgerinnen und Bürger schöpften dabei das Spannungspotenzial bis zum Ende aus: Dr. Christian von Dobschütz (CSU) und Dr. Birgit Kreß (FW) mussten in die Stichwahl. Bis zuletzt blieb es knapp – und der Landkreis in zwei Hälften gespalten.
Wollte ein Handwerker aus dem Landkreis Ansbach den Staatsstreich vollziehen? Zur Waffe greifen und die Bundesregierung mit Gewalt stürzen? Das verhandelt seit Juni in einem Mammut-Prozess das Oberlandesgericht München. Thomas T. aus Buch am Wald wird zusammen mit einer Gruppe aus der Reichsbürger-Szene der Prozess gemacht. Ihnen wird vorgeworfen, einen Putsch geplant zu haben. Das zentrale Motiv: der Glaube an irre Verschwörungsmythen, etwa Politiker, die Kinderblut trinken. Die Verhandlung dürfte sich über Jahre hinziehen. Die FLZ begleitet den Prozess.
Grund zu großer Dankbarkeit hatte im Juli das Ansbacher Tierheim. Ein verstorbener Stadtbewohner hatte in seinem Testament die Einrichtung mit einer Erbschaft bedacht. Und die fiel mehr als üppig aus. Unter anderem ging ein ganzes Mehrfamilienhaus ans Tierheim. Eine Spende in dieser Höhe? „Damit hab’ ich überhaupt nicht gerechnet”, zeigte sich Tierheim-Leiter Günter Pfisterer von dem Rekord-Erbe überrascht.
Einen in der Geschichte des Dorfes wohl einzigartigen Besuch konnten im Juli die Einwohner von Mettelaurach empfangen: Landwirt Thomas Fleischmann hatte einige Monate zuvor Bundeskanzler Olaf Scholz auf seinen Hof eingeladen – und der kam dann tatsächlich. Für eine Stippvisite schaute der Kanzler in dem Gemeindeteil von Markt Erlbach (Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) vorbei. Die Anwohner nutzten die Gelegenheit für Selfies – und ernste Worte.
Der Sommer ist die Zeit der großen Festivals. Ob Taubertal in Rothenburg oder Summer Breeze bei Dinkelsbühl: Jahr für Jahr pilgern Zehntausende zu den Musik-Veranstaltungen in der Region. Neben den Acts auf der Bühne ist natürlich auch viel Zeit für Party am Campingplatz. Mit besonders viel Kreativität fiel in diesem Jahr eine Gerolfinger Gruppe am Summer Breeze auf: Sie war mit einem umgebauten Feuerwehrauto angereist – dem „Durstlöschfahrzeug”.
Die Aischgründer Tafel hat ein turbulentes Jahr hinter sich: Immer wieder kam es zu heftigen Schmutzeleien innerhalb des Vereins. Bis der Streit im Sommer in eine regelrechte Schlammschlacht zwischen dem Vorsitzenden Thomas Nicol und ehrenamtlichen Helfern aus Bad Windsheim ausartete – Vorwürfe der übelsten Sorte inklusive. Im August war mit einem Offenen Brief der vorläufige Höhepunkt erreicht. Im November kochte der Streit dann wieder hoch. Und mündete am Ende in den Rückzug Nicols.
Es mag viele Gründe gegeben haben, sich 2024 in der Region über die Deutsche Bahn (DB) zu ärgern. Im September gelang dem Konzern in Ansbach aber ein überraschender Kontrapunkt. Zwei Wochen lang gestaltete die DB im Ansbacher Bahnhof ungewöhnliche Kulturevents, bis hin zu einem furiosen Jazz-Konzert in der ansonsten eher sterilen Empfangshalle. Der heimliche Höhepunkt waren jedoch herumwatschelnde Pinguine auf dem Bahnsteig – mit einer ernsten Botschaft.
Die Türen geöffnet haben sich im September für einen Häftling der Justizvollzugsanstalt Lichtenau (Landkreis Ansbach). Wobei die Aussage präziser wäre: Er öffnete sie sich selbst. Der Ausbruch gelang dem 44-Jährigen auf banalste Art und Weise: Während eines Arztbesuchs in Wolframs-Eschenbach spazierte der Mann einfach nach draußen. Die ungesiebte frische Luft konnte der Mann aber nicht lange genießen. Nach drei Stunden fanden ihn Polizisten am Waldrand.
Heiratsanträge und die Geburt des gemeinsamen Kindes passieren in der Regel nicht am selben Tag. Doch im Ansbacher Klinikum kam es im Oktober zu der wahrlich einmaligen Situation. Da staunten selbst die Hebammen nicht schlecht und wurden spontan auch noch zu Retterinnen in der Not.
Gleich mehrere Schrecken binnen dreier Tage musste die Belegschaft der Firma Electrolux in Rothenburg im Oktober verdauen. Zweimal nacheinander kam es zu Bränden auf dem Gelände des Küchengeräteherstellers. Während der erste Vorfall glimpflich ausging, wütete das Feuer an einem Sonntagabend verheerend in einer Lagerhalle. Die besonders unangenehme Nachricht folgte dann noch wenige Tage später: Die Polizei geht von Brandstiftung aus – doch wer ist der Feuerteufel?
Der Herbst dürfte für Bad Windsheims Bürgermeister Jürgen Heckel angespannt verlaufen sein. Erst schmissen die beiden Thermen-Geschäftsführer noch früher als vereinbart hin. Dann zog sich der Geschäftsführer der Landesgartenschau, Robert Sitzmann, zurück (nicht der erste Rücktritt). Dessen eilig installierter Nachfolger Hanspeter Faas verweigerte schon nach wenigen Tagen die Tätigkeit – und sparte nicht an deutlichen Worten.
Als im Oktober ein Autofahrer in Schalkhausen einen Fußgänger erst überfuhr und dann mit einem Messer auf ihn einstach, schockierte das viele Ansbacher. Was dahintersteckte, war jedoch nicht minder verstörend. Ein Fall, in dem ein Opfer auch Täter sein kann, zeigt viele Facetten. Einen mutigen Schritt machte dann die Ex des Attackierten, indem sie mit der FLZ über die leidvolle Vorgeschichte sprach.
Normalerweise sind es Musiker, die mit einem Comeback für Aufruhr sorgen. Doch am 15. Dezember war es ein roter Dieseltriebzug im Bahnhof Wassertrüdingen, dem eine bundesweite Aufmerksamkeit gebührte. Nach Jahrzehnten des Stillstands herrscht auf der Hesselbergbahn – zumindest zwischen Gunzenhausen und Wassertrüdingen – wieder ein regulärer Personenverkehr. Es ist die einzige Reaktivierung in Deutschland 2024 und für die Region ein echter Grund zum Feiern.
Der Landkreis Ansbach – so könnte man sagen – stand im Dezember ganz im Zeichen des Geflügels. Erst überraschten die Pläne eines Landwirts, der bei Leutershausen einen Legehennenbetrieb beachtlicher Große entstehen lassen will: 160.000 Hühner sollen hier künftig Tag für Tag Eier legen. Ein gewagtes, mutiges Unterfangen – auf das aber auch schon bald Kritik folgte. Kurz vor Weihnachten dann eine Hiobsbotschaft: Nachdem 2023 bereits besagter Hof in Leutershausen betroffen war, ist nun auch im benachbarten Lehrberg in einem Putenmastbetrieb die Geflügelpest ausgebrochen. Für 17.000 Puten bedeutet das die Keulung.