Wie möchte ich im Alter leben? Eine große Frage, die größer wird, sobald Pflegebedarf ins Spiel kommt. „Pflege zu Hause“ und „Pflege im Heim“ sind aber nicht die einzigen möglichen Antworten - vielleicht ist eine Pflege-WG der Mittelweg, der zu einem passt. Was ist das genau und für wen ist das eine Option? Die wichtigsten Fragen im Überblick:
Oft geht es in einer Pflege-WG familiärer zu, dort wohnen meist deutlich weniger Menschen als in einem Pflegeheim. „In einer Pflege-WG leben maximal zwölf Personen, darunter auch pflegebedürftige Menschen, zusammen“, sagt Ulrike Kempchen vom Biva-Pflegeschutzbund.
In der Pflege-WG hat jeder und jede ein eigenes Zimmer, das nach Belieben eingerichtet werden kann, mitunter gibt es auch ein eigenes Bad. Zusätzlich gibt es Räume, in denen die WG-Bewohnerinnen und -Bewohner zusammenkommen, etwa ein Wohnzimmer und eine Küche.
Gemeinsam nutzen die WG-Mitglieder Betreuungs- und Unterstützungsangebote, für die sie eine Person beauftragen. „Das ist die sogenannte Präsenzkraft“, sagt Verena Querling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Sie packt nicht nur im Haushalt an, sondern übernimmt auch organisatorische und verwaltende Aufgaben. Wichtig: Für die Pflege ist die Präsenzkraft nicht zuständig, die organisieren die Bewohnerinnen und Bewohner selbst, etwa über einen ambulanten Pflegedienst.
Anders als in einem Heim können die Pflege-WG-Mitglieder zum Beispiel zusammen kochen und gemeinsame Aktivitäten planen. „Sie führen selbst Regie über ihr Leben, was in einem Heim so nicht der Fall ist“, erklärt Verena Querling.
Pflege-WGs ermöglichen es, möglichst lange selbstständig zu wohnen, ohne dabei auf sich selbst gestellt zu sein, schreibt das Bundesgesundheitsministerium online. Zwei Vorteile:
Die Freiheiten, die eine Pflege-WG mit sich bringt, bedeuten oft auch einen größeren organisatorischen Aufwand im Vergleich zum Pflegeheim.
Nicht jeder ist WG-tauglich. Denn in einer Wohngemeinschaft leben heißt nicht zuletzt: Kompromisse machen im privaten Umfeld. Dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man überlegt, in eine Pflege-WG zu ziehen. „Wer einer WG schon als junger Mensch eher ablehnend gegenüberstand, wird sehr wahrscheinlich auch im Alter mit dieser Wohnform nicht klarkommen“, sagt Ulrike Kempchen.
Sie möchten diese Wohnform ausprobieren? Bestehende Pflege-WGs, die neue Mitglieder aufnehmen, finden sich beispielsweise über Pflegestützpunkte. Unterschieden wird zwischen selbst- und anbieterorganisierten Formen:
Sie haben eine Pflege-WG ins Auge gefasst? Vor der finalen Entscheidung sollte man ihr am besten einen Besuch abstatten. Und auf das Bauchgefühl hören: Wie komme ich mit den Mitbewohnern, wie mit dem Personal klar? Fühle ich mich wohl? „Ideal ist es natürlich, wenn man in der Pflege-WG erst einmal für eine Weile zur Probe wohnen kann“, sagt Verena Querling.
Auch die Lage einer WG sollte man in die Entscheidung einbeziehen. Wer beispielsweise gerne ins Museum oder etwa ins Theater geht, ist in einer WG in der Stadt besser aufgehoben als in einer eher ländlich gelegenen.
Das darf man sich nicht erhoffen. „Unter dem Strich sind Pflege-WGs oft preislich nicht günstiger als ein Heim“, sagt Kempchen. Es entstehen schließlich Kosten für Miete, Strom und Heizung, für die Haushaltsführung, die Präsenzkraft und einen Pflegedienst, sofern man den in Anspruch nimmt.
Immerhin: Es gibt Unterstützung von der Pflegekasse. Wer einen Pflegegrad hat, hat Anspruch auf Pflegegeld und Pflegesachleistungen.
Und es gibt unter bestimmten Voraussetzungen finanzielle Unterstützung explizit für Pflege-WGs: „So erhalten beispielsweise Menschen, die eine Pflege-WG gründen oder an der Gründung beteiligt sind, einen Einmalbetrag von 2.500 Euro pro Person als Anschubfinanzierung“, sagt Verena Querling. Insgesamt darf diese Förderung den Betrag von 10.000 Euro je Pflege-WG nicht überschreiten. Mit dem Geld können Bewohner beispielsweise Türen verbreitern lassen.
Sollte etwa in einem mehrgeschossigen Haus ein Treppenlift erforderlich sein, bezuschusst die Pflegekasse solche wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zudem unter bestimmten Voraussetzungen mit bis zu 4.000 Euro je Maßnahme.
Für Pflegebedürftige in Pflege-WGs gibt es zudem unter bestimmten Voraussetzungen einen Wohngruppenzuschlag in Höhe von derzeit 224 Euro im Monat. „Interessierte sollten sich bei der Pflegekasse genau erkundigen, was sie alles im Fall einer Pflege-WG finanziell unterstützt“, rät Ulrike Kempchen.
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