Mit einem eindringlichen Appell an den Stellenwert der Freiheit haben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bayerns Regierungschef Markus Söder in Memmingen eine der großen Ausstellungen zum Bauernaufstand vor einem halben Jahrtausend eröffnet. Die sogenannten Zwölf Artikel, die vor 500 Jahren in der Stadt aufgesetzt wurden, seien „keine Randglosse der deutschen Geschichte“, sondern „ein herausragendes und bleibendes Zeugnis unserer Freiheitsgeschichte“, sagte Steinmeier bei einem Festakt in der Kirche St. Martin.
Die Ausstellung im Haus der Bayerischen Geschichte erinnert an das zentrale Manifest der Bauern-Bewegung aus dem Jahr 1525. In den Artikeln werden Prinzipien wie Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und gesellschaftliche Teilhabe formuliert.
Über die Ausstellung hinaus sind in Memmingen und auch in etlichen anderen Orten bis in den Herbst hinein noch zahlreiche Veranstaltungen zu den Aufständen der Bauern vor einem halben Jahrtausend geplant - etwa Vorträge, Konzerte oder Theateraufführungen.
In einer unruhigen Zeit sei die Erinnerung an die Orte, Akteure, Ideen und Ereignisse der Freiheitsgeschichte wichtiger denn je, fügte Steinmeier hinzu und sagte weiter: „Wir erleben ja gerade, dass die freiheitliche Demokratie bedroht und angegriffen wird – im Innern ebenso wie von außen und mit einer Wucht, die viele von uns nicht für möglich gehalten hatten.“
Es beriefen sich aber ausgerechnet diejenigen auf historische Freiheitsbewegungen, „die gegen demokratische Institutionen hetzen und Freiheit nur für sich selbst oder für ihre Gruppe gelten lassen wollen“, sagte Steinmeier ohne konkrete Namen zu nennen.
Söder (CSU) warb für die Macht des oft gering geschätzten Kompromisses und des Ausgleichs, die am ehesten zu gesellschaftlichem Frieden führten. Es brauche zudem den Einsatz für die Freiheit: „Wenn wir sie einmal verlieren, werden wir sie nicht wiederbekommen“, mahnte Söder. „Und ohne Freiheit ist auch alles andere wenig wert.“
Die bis 19. Oktober geöffnete Memminger Schau mit dem Titel „Projekt Freiheit - Memmingen 1525“ erinnert an das Aufbegehren der Bauern vor 500 Jahren. Vertreter von ihnen hatten sich während des damaligen Bauernkrieges in der Memminger Kramerzunftstube versammelt und dort ihre „Zwölf Artikel“ verfasst.
Die Bauern betonten darin gegenüber der Obrigkeit, „dass wir frei sind und sein wollen“. Die Artikel der Memminger Bauern wurden damals überregional verbreitet. Die Versammlung gilt als eine der frühesten Demokratiebewegungen in Deutschland.
Es sei die aus heutiger Sicht „fremd anmutende Welt des frühen 16. Jahrhunderts“, sagen die Ausstellungsmacher. Es gebe aber dennoch auch durchaus modern wirkende Elemente, gerade bei der Frage nach der Freiheit. „Denn auch heute wird sie genauso intensiv verhandelt wie vor 500 Jahren.“
Zum Abschluss des Festjahres soll am 3. Oktober der mit 25.000 Euro dotierte Memminger Freiheitspreis an den langjährigen SC-Freiburg-Trainer Christian Streich verliehen werden. Der ehemalige Bundesligatrainer erhalte die Auszeichnung für sein „klares Eintreten für Grundrechte und klare Haltung gegen Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung“, teilte die Stadt mit.
© dpa-infocom, dpa:250315-930-404654/2