„Ist alles so schön bunt hier“: Robert Ungar betreibt eine Goldschmiede in Auernhofen | FLZ.de | Stage

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Veröffentlicht am 01.02.2025 09:00

„Ist alles so schön bunt hier“: Robert Ungar betreibt eine Goldschmiede in Auernhofen

Robert Ungar kann sich ganz auf die Handwerkskunst konzentrieren, seine Frau Ursula kümmert sich um Marketing und Büro.  (Foto: Nicole Gunkel)
Robert Ungar kann sich ganz auf die Handwerkskunst konzentrieren, seine Frau Ursula kümmert sich um Marketing und Büro. (Foto: Nicole Gunkel)
Robert Ungar kann sich ganz auf die Handwerkskunst konzentrieren, seine Frau Ursula kümmert sich um Marketing und Büro. (Foto: Nicole Gunkel)

Eine Goldschmiede ist vielleicht das Letzte, was man hinter dem kleinen Industriegebiet in der Kellergasse erwarten würde. Und doch ist hier die Werkstatt von Robert Ungar. Die Kunden kommen bei ihm nicht zufällig vorbei. Soviel Publikumsverkehr wie in seinem früheren Laden in der Würzburger Innenstadt hat Robert Ungar nicht in Auernhofen, einem Ortsteil von Simmershofen im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim.

Und warum hat er seine Werkstatt mit Verkaufsraum 2004 hierher verlagert? Ganz einfach. „Ich bin in Auernhofen geboren und aufgewachsen“, sagt Ungar. Schon seine Mutter war hier handwerklich tätig. „Sie betrieb eine Schneiderwerkstatt im Wohnhaus. Von ihr habe ich auch das Kreative mitbekommen“, sagt Ungar, der seinen kleinen Laden im angrenzenden Haus des Opas betreibt. Zu dem Haus hat er einen besonderen Bezug. „Ich habe den Grundstein gelegt“, erinnert sich Ungar an seine Kindheit und Jugend.

Auf dem Land ist man freier

Sein Handwerkszeug als Goldschmied gelernt hat Robert Ungar an der Berufsfachschule in Hanau. Das war in der Zeit von 1980 bis 1986. Es folgte 1997 der Meistertitel im Goldschmiedehandwerk. Nach einigen anderen Stationen betrieb er eine Werkstatt in Würzburg.

Doch ein Laden in der Stadt ist teuer. Man müsse auch Aufträge annehmen, die wenig Spaß machen. Jäger, die mit Wildzähnen ankommen, die sie in goldenes Eichblatt gefasst haben wollen, nennt Ungar und lacht. Hier in seinem Laden auf dem Land ist er freier und macht, was er will.

Alles handgemacht

Und das mit Erfolg. Urgold heißt die Goldschmiede, der Name setzt sich aus seinen Initialen zusammen. Längst hat auch seine Frau Ursula den Job als Bankkauffrau an den Nagel gehängt und ist mit eingestiegen. „Ich mache alles, nur kein Handwerk“, bringt sie ihre Jobbeschreibung auf den Punkt. Marketing, Produktfotografie und den kaufmännischen Teil der Arbeit weiß Robert Ungar bei seiner Frau in guten Händen und darf sich nur auf den schönen Teil seines Jobs konzentrieren: Schmuck kreieren.

Technische Geräte findet man in der winzigen Werkstatt kaum. Sein elektrisches Equipment beschränkt sich auf einen Hängebohrer, ein Ultraschallgerät und ein Poliergerät zum Reinigen. „Ich mache alles von Hand“, sagt er und greift zur Säge. „Ein Drei-D-Drucker ist nicht meine Zeit“. Seine Frau ergänzt: „Dann würde es auch beliebig werden“. Blickpunkt im Laden ist eine 100 Jahre alte Blech- und Tragwalze. Sie ist noch im Einsatz. Hier zieht Ungar seine Goldstäbe, die dann zum Beispiel zu Ösen verarbeitet werden.

Zwischen Schmiede- und Kampfkunst

„Sägen, glätten, hämmern und löten“, so beschreibt der 66-Jährige, der als zweites Standbein eine Taekwondo-Schule in Uffenheim betreibt, seine Arbeit. Silberschmuck macht er nicht mehr, höchstens für Stammkunden. Sein Material ist hochlegiertes 750er-Gold. „Sieht schöner aus und macht mehr Spaß“, so der Goldschmiedemeister, der jedes Stück individuell anfertigt. Mit dem Gold fasst er bunte Edelsteine ein, setzt Aquamarin, Turmalin oder Diamanten in Szene. „Alles so schön bunt hier“ – eine Liedzeile aus Nina Hagens Punk-Song „Ich glotz' TV“ – umschreibe die Kollektionen am besten, findet Ursula Ungar. Wenn der Steinschleifer mit dem schönen großen Koffer in Auernhofen vorbeikommt, können die Ungars nicht widerstehen. Mehr als Farbe brauchen die Ketten, Ringe und Ohrringe auch nicht. Ungar verzichtet auf Prunk, setzt stattdessen auf schlichte und minimalistische Werkstücke.

Und wie vermarktet man hochwertigen Schmuck, wenn man einen Laden mitten im beschaulichen Auernhofen betreibt? Die Ungars sind viel unterwegs. Auf exklusiven Veranstaltungen und Kunsthandwerkermärkten. Bei einem Glas Sekt kommen sie mit ihren Kunden ins Gespräch. „Wir erfahren viel über die Familiengeschichte und haben ein sehr persönliches Verhältnis zu unseren Kunden“, sagt Ursula Ungar. Und manche kommen dann auch eigens nach Auernhofen. „Die Menschen investieren wieder mehr in hochwertige Dinge“, hat sie beobachtet.

Auf solchen exklusiven Veranstaltungen lernt man dann auch interessante Menschen kennen. So gehört die Cousine von Claudia Schiffer ebenso zum Kundenkreis wie die Nachfahren der Kaiserin Sissi, die Ungars Leidenschaft für edle Materialien und klare Formen teilen.

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