Deadlines, Hausarbeiten, Stress: Ein Studium kann junge Menschen belasten - auch psychisch. Die Präsidentin des Deutschen Studierendenwerkes Beate Schücking machte Anfang des Jahres darauf aufmerksam, dass der Bedarf der Studierenden nach psychologischer Beratung zuletzt enorm gestiegen ist.
Dabei haben sich die Belastungen laut Schücking verändert: Anstelle studienspezifischer Anliegen wie ständiges Aufschieben oder grundsätzliche Probleme mit der Arbeitsorganisation, geht es heute in der psychologischen Beratung verstärkt um den Umgang mit Angststörungen und depressiven Verstimmungen. Was können Studentinnen und Studenten tun, die mit diesen Herausforderungen zu kämpfen haben? Antworten auf wichtige Fragen.
Woran merke ich, dass ich Hilfe brauche?
Die Prüfung in den Sand gesetzt, die Abgabefrist verpasst, im ersten Semester kaum Anschluss gefunden - Rückschläge gibt es im Studium immer mal. Achtsam sollten Studierende werden, wenn sie nicht nur einen schlechten Tag oder eine schlechte Woche haben.
„Wenn es mir wirklich über eine längere Zeit schlecht geht, mir meine Alltagsaufgaben nicht mehr gelingen und wenn alles, was früher geholfen hat, nicht mehr hilft - spätestens dann sollte ich mir Hilfe suchen“, sagt Kerime Faris-Lewe, Leiterin der psychologischen Beratungsstelle des Studentenwerks Osnabrück. Weitere Anzeichen sind der Psychologin zufolge etwa anhaltende Gereiztheit, Konzentrationsprobleme oder der Wunsch, sich mit Drogen zu betäuben.
Wo finde ich Hilfe?
„Ein erster Schritt ist, mit vertrauten Personen zu sprechen, Freunden oder Eltern. Dann gibt es natürlich die psychologischen Beratungen der Studierendenwerke an vielen Unis“, erklärt Psychologin Faris-Lewe. „Sie sind niedrigschwellig, man muss zum Beispiel keine Krankenkassenkarte vorlegen, nur Student sein.“ Wenn die Wartezeiten länger sind, können Betroffene vielerorts Krisentermine, offene Sprechstunden oder die Telefonseelsorge wahrnehmen. „Es gibt auch Chatmöglichkeiten bei großen Beratungsstellen - beispielsweise bei der Caritas.“
Was erwartet mich in der psychologischen Beratung an der Hochschule?
Die Beratungsstellen sind eine erste Anlaufstelle für Studierende mit psychischen Problemen, sagt Birgit Klöhn, die als Psychologin in der Beratungsstelle der Universität Potsdam tätig ist. Die Beratung kann dabei helfen, Probleme zu identifizieren, einzuordnen und Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
In Potsdam etwa werden Kurzgespräche zu offenen Beratungszeiten angeboten, für die es keine Anmeldung braucht und die circa 20 Minuten dauern. Beratungsgespräche mit Termin dauern etwa 45 Minuten. Die Beratung können Studierende auch mehrfach nutzen, solange sie immatrikuliert sind. Aufgrund der hohen Nachfrage gebe es jedoch meist eine Wartezeit von rund sechs Wochen auf einen Beratungstermin, so Klöhn.
Was ist der Unterschied zu einer Therapie?
Die Beratung kann keine Psychotherapie ersetzen. „Eine Psychotherapie beschreibt die Behandlung von manifesten psychischen Störungen mit psychologischen Mitteln“, führt Klöhn aus. „Nur in einer Psychotherapie dürfen valide Diagnosen gestellt werden.“
In der psychologischen Beratung an der Hochschule können die Fachkräfte nur den Verdacht auf eine bestimmte psychische Störung äußern. Dann werde gemeinsam versucht, Lösungen für die größtenteils akuten Probleme zu finden, so Klöhn. Die Beraterinnen und Berater können die Studierenden auch unterstützend begleiten, bis eine passende Therapie gefunden wird.
Was, wenn ich im Studium nicht mehr vorankomme?
Wenn alles zu viel wird, kann das Studium leiden. „Wer merkt, dass es nicht mehr geht, sollte sich frühzeitig krankmelden“, rät Kerime Faris-Lewe. Mit einer psychotherapeutischen Bescheinigung können Studierende einen sogenannten Nachteilsausgleich bekommen. Dann bekommen sie unter anderem mehr Zeit für bestimmte Aufgaben. Daneben gibt es laut Faris-Lewe die Option, ein Urlaubssemester aufgrund von Krankheit zu nehmen.
Was kann ich tun, bis ich professionelle Unterstützung bekomme?
Zum Teil sind die Wartezeiten bis zu einem Beratungstermin lang. Bis dahin können Studierende versuchen, auf sich selbst zu achten. „Es gibt etwas, was immer mehr Studierende bereits gut machen: Sie hören Podcast zu ihren Themen, holen sich Informationen auf bestimmten Seiten oder nutzen Apps zum Meditieren“, sagt Faris-Lewe. An erster Stelle gehe es dabei um Selbstfürsorge und darum, den Kopf freizubekommen. „Dazu gehört auch, mehr Pausen zu machen, sich zu bewegen, zu kochen.“
Wie kann ich betroffenen Freundinnen und Freunden helfen?
Wer bemerkt, dass Freundinnen oder Freunden mit psychischen Belastungen kämpfen, sollte vor allem eines tun: „Das Wichtigste ist, zuzuhören - nicht die Situation zu verharmlosen, aber auch nicht gleich eine Lösung anzubieten. Einfach erst einmal zuhören“, sagt Faris-Lewe. „Dann kann man auch anbieten, dass man sich daneben setzt, wenn die Person eine Beratungsstelle anruft.“ Es könne auch helfen, gemeinsam zu kochen oder gemeinsam spazieren zu gehen.
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