FLZ-Ehrenamtspreis: Florian Hartnagel ist Gewinner des Monats Mai | FLZ.de | Stage

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FLZ-Ehrenamtspreis: Florian Hartnagel ist Gewinner des Monats Mai

Florian Hartnagel in seiner Wasserretter-Ausrüstung. (Foto: Felix Steinacker)
Florian Hartnagel in seiner Wasserretter-Ausrüstung. (Foto: Felix Steinacker)
Florian Hartnagel in seiner Wasserretter-Ausrüstung. (Foto: Felix Steinacker)

„Mein Freundeskreis besteht aus der Wasserwacht“, sagt Florian Hartnagel. Die Dinkelsbühler Ortsgruppe ist quasi seine zweite Familie. Seit fast einem Vierteljahrhundert ist der 31-Jährige Mitglied, inzwischen als Technischer Leiter. Die Jury hat ihn bei der Aktion „Mein Ehrenamt“ als Gewinner des Monats Mai ausgewählt.

Aufgewachsen ist Hartnagel im Dürrwanger Ortsteil Haslach, heute lebt er in Dinkelsbühl. Er verbrachte zwei Jahre bei der Bundeswehr und arbeitet im Hauptberuf als Elektromeister in Crailsheim. Die Freizeit gehört dem Ehrenamt. Ein bis drei Mal pro Woche ist er mit seinen Kameraden unterwegs.

Mit 18 Jahren zum Einsatztaucher ausgebildet

Zur Wasserwacht des Roten Kreuzes (BRK) ist Florian Hartnagel über seinen Vater gekommen. „Der war auch Mitglied“, erzählt er. „Er hat mich schon als Sechsjährigen mitgenommen.“ Auf den ersten Schwimmkurs folgte die Jugendgruppe, dann die Ausbildung zum Wasserretter. Mit 18 Jahren ließ er sich zum Einsatztaucher ausbilden.

Inzwischen hilft er selbst bei der Ausbildung mit und ist auch in der Schnelleinsatzgruppe (SEG) aktiv. Die SEG wurde erst 2022 neu aufgestellt. „Vorher waren wir nur eine Unterstützungsgruppe, jetzt sind wir eine eigenständige Einsatzgruppe.“ Manchmal arbeiten die Dinkelsbühler auch mit den Feuchtwanger Kollegen zusammen, denn bei einem Einsatz werden vier ausgebildete Taucher gebraucht – zwei, die ins Wasser gehen, ein Signalmann und ein Einsatzführer.

Wenn über den Piepser oder das Handy eine Alarmmeldung eingeht, macht sich Hartnagel sofort auf den Weg. Das kann auch mal um 3 Uhr nachts sein. Gerufen wird die SEG zum Beispiel, „wenn man vermutet, dass in einem Badeweiher eine Person ertrunken ist“. Dann suchen die Taucher das Gewässer ab. Falls sie erfolgreich sind, bringen sie die Person ans Ufer. Vor Jahren war Hartnagel dabei, als im Altmühlsee ein Mann gesucht wurde, der in das vereiste Gewässer eingebrochen war. Ein Kollege von ihm fand den Verunglückten. Die Taucher konnten den Mann nur noch tot bergen.

Der Fokus liegt nun auf der Orga

Mittlerweile liegt Florian Hartnagels Fokus stark auf seinen organisatorischen Aufgaben als Technischer Leiter der Ortsgruppe – von der Planung der Ausbildung bis zur Einteilung der Wachdienste. Seit acht Jahren ist er im Amt, zuvor war er bereits vier Jahre lang Stellvertreter.

Zugute kommt ihm dabei seine eigene Erfahrung im Ausbilden von Rettungsschwimmern – nicht nur in Dinkelsbühl, sondern auch landkreisweit. Er unterstützt seinen Kollegen Benjamin Bauer von der Feuchtwanger Ortsgruppe bei der Qualifizierung von Schwimmern für den Wasserrettungsdienst.

Die Dinkelsbühler Wasserwacht zählt knapp über 400 Mitglieder, darunter etwa 40 Aktive. In der Kinder- und Jugendgruppe machen rund 100 Nachwuchsschwimmer mit. An mindestens sechs Wochenenden und einem Feiertag im Jahr schieben die Dinkelsbühler Wachdienste am Altmühlsee, meist zu viert oder fünft. „Wenn ich es schaffe, bin ich eigentlich immer dabei“, erzählt Florian Hartnagel. Einmal kam er auf 400 Stunden im Jahr.


Man fährt mit dem Boot herum und klaubt Surfer zusammen.


Erfahrungen hat er auch schon am Meer gesammelt: Fünf bis sechs Mal leistete er für mehrere Tage Wachdienst an der Ostsee. „Die Wasserwacht Kiel – das ist die nördlichste Wasserwacht in Deutschland“ überwacht im Wechsel mit der DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) die Kieler Förde mit den angrenzenden Stränden. „Die Strände werden sieben Tage die Woche betreut.“

Abgesehen von einem Hauptamtlichen wird der Wachdienst am Meer komplett von Ehrenamtlichen gestemmt. Aus ganz Deutschland fahren BRK-Mitglieder nach Kiel, um die dortige Wasserwacht zu unterstützen. Immer wieder sind auch Dinkelsbühler dabei, so wie Florian Hartnagel. Sie nehmen extra Urlaub, um rund um die Kieler Bucht für die Sicherheit der Badegäste zu sorgen.

Der Dienst dauert täglich von 8 bis 18 Uhr. „Man ist am Strand unterwegs oder auf dem Motorboot eingesetzt“, berichtet Hartnagel. „Je nachdem, wieviel los ist, sitzt man entweder acht Stunden baywatchmäßig mit dem Fernglas auf dem Turm oder man fährt mit dem Boot herum und klaubt Surfer zusammen.“ Drei oder vier hat er schon aus dem Meer gefischt. Auch am Altmühlsee sind es jedes Jahr mindestens zwei.

Ansprechpartner für Strandverletzungen

Beim Wachdienst müssen die Ehrenamtlichen ab und zu auch erste Hilfe leisten, in gravierenderen Fällen bis der Rettungsdienst eintrifft. Häufig sind sie Ansprechpartner bei den „üblichen Strandverletzungen“. Ob Meer oder See macht dabei keinen großen Unterschied: Was an der Kieler Förde der Quallenstich ist, das ist am Altmühlsee eben der Bienen- oder Wespenstich. „Wir hatten einmal 20 Stiche an einem Tag“, erinnert er sich. Manchmal muss auch jemand versorgt werden, der vom Rad gestürzt oder in Glasscherben getreten ist.

Die Wasserwachtler kühlen, kleben Pflaster auf Wunden oder messen den Blutdruck. Medikamente dürfen sie nicht verabreichen, nicht einmal eine Salbe. „Was wir geben dürfen, ist Sauerstoff bei akuter Atemnot.“

Nicht nur am Altmühlsee zeigt die Dinkelsbühler Wasserwacht Präsenz. Bei der Umweltaktion „Mir stöbern“ sammelten die Taucher Unrat unter Wasser. Wie Florian Hartnagel berichtet, stießen seine Kollegen und er im Bereich des Bootshauses auf nicht ganz gewöhnlichen Müll: Neben drei Fahrrädern bargen sie einen Rollstuhl und einen Einkaufswagen.

Beim Aktionstag im Tauchcontainer

Öffentlichkeitsarbeit ist für die Wasserwacht nicht ganz unwichtig: Was ein Einsatztaucher eigentlich macht, demonstrierten Hartnagel und die anderen Wasserwachtler deshalb erst kürzlich bei einem Aktionstag des BRK im Ansbacher Brücken-Center. Die Besucher konnten die Taucher durch die Scheiben eines großen durchsichtigen Containers dabei beobachten, wie sie beispielsweise eine Puppe bargen.

Seit einigen Jahren ist Hartnagel auch Mitorganisator des traditionellen nächtlichen Fackelschwimmens in der Wörnitz am ersten Weihnachtsfeiertag. Die Teilnehmer schwimmen eine rund einen Kilometer lange Strecke vom Wörnitzstrandbad bis zur Stadtmühle.

Dabei geht es nicht nur darum, den Zuschauern ein Spektakel zu bieten. Zugleich trainieren die Schwimmer für Einsätze im kalten Wasser. Mit eisigen Temperaturen hat Hartnagel beim Schwimmen oder Tauchen kein Problem – auch wenn der Neoprenanzug nur bedingt hilft. „Zwischen einer halben und einer ganzen Stunde im Eiswasser schafft man, dann wird’s langsam wirklich kalt.“

Man muss mit der Strömung arbeiten

Für Hochwasser-Einsätze – denn auch da eilt die Wasserwacht zu Hilfe – hat er eine zusätzliche Ausbildung im Bereich Fließwasser-Rettung absolviert. Der Kreisverband Ansbach arbeitet mit der Wasserwacht in Buchloe bei Landsberg am Lech zusammen. „Der Lech hat doch etwas mehr Strömung als die Flüsse hier“, stellt Hartnagel fest. Gut zum Trainieren. Weil sich das Wasser bewegt, sind Rettungsaktionen aus Fließgewässern besonders anspruchsvoll. „Man muss sich bewegen und schauen, dass einen die Strömung nicht wegreißt“, erklärt er. Außerdem müsse man versuchen, mit der Strömung zu arbeiten.

Bei den jüngsten Starkregenereignissen wurde seine SEG auf erhöhte Alarmbereitschaft gesetzt. Letztendlich gab es für die Dinkelsbühler Wasserwacht im Landkreis Ansbach zwar keine Einsätze, sie ist jedoch überregional gelistet und steht zur Verfügung, falls weitere Unterstützung gebraucht wird oder Personal ausgetauscht werden muss. Gebraucht wurde Hartnagel dann aber irgendwie doch: Er half einer Freundin beim Trockenlegen ihres Kellers.


Anstatt zum Sport gehen wir halt an den Badeweiher.


An seinem Ehrenamt schätzt Florian Hartnagel am meisten die Kameradschaft und die vielen Kontakte, die er in ganz Bayern und bis hoch nach Kiel pflegt. Das Tauchen lässt ihn auch privat nicht los: „Es ist mein großes Hobby neben der Wasserwacht. Ich gehe unheimlich gern tauchen, auch im Urlaub.“ Besonders das Erkunden von Wracks findet er reizvoll.

Nach dem Gespräch mit der FLZ steht Florian Hartnagel schon wieder in den Startlöchern für eine Übung der Einsatztaucher in Gerolfingen. „Anstatt zum Sport gehen wir halt an den Badeweiher, tauchen eine Runde oder schwimmen mit der Wasserretterausrüstung.“


Andrea Walke
Andrea Walke

... ist Redakteurin in der Lokalredaktion Ansbach und seit Dezember 2012 bei der FLZ. Sie fühlt sich in Rathäusern genauso wohl wie in Gerichtssälen und trifft am liebsten Menschen, die eine interessante Geschichte zu erzählen haben. Seit 2017 betreut sie redaktionell die Aktion "FLZ-Leser helfen".

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