Donald Trump hat versprochen, den „Inflations-Alptraum“ zu beenden. Der Frust der Menschen in den USA über die hohen Preise dürfte ein Hauptgrund dafür sein, dass der Republikaner die Präsidentschaftswahl gewonnen hat und im Januar wieder ins Weiße Haus einziehen wird. Doch sein vollmundiges Versprechen kann zum großen Problem für den 78-Jährigen werden. Denn seine Pläne könnten die Preise weiter in die Höhe treiben. Was hat Trump wirtschaftspolitisch vor?
Trump hat im Wahlkampf weitreichende Zölle angekündigt - mindestens 60 Prozent auf Waren aus China und bis zu 20 Prozent auf Waren aus anderen Ländern. Zölle sind eine Art Zuschlag auf importierte Waren. Sie werden an der Grenze fällig, wenn ein Unternehmen oder ein Konsument in den USA das Produkt aus dem Ausland kauft. Trump argumentiert, dass seine Zollpolitik dazu führen werde, dass US-amerikanische Firmen wieder stärker in den USA produzierten. Das schaffe Arbeitsplätze. Es ist die klassische „America First“-Politik, die Trump schon während seiner ersten Amtszeit verfolgt hat.
Auch der demokratische US-Präsident Joe Biden hat auf Protektionismus gesetzt. Er hat nicht nur Trumps China-Zölle größtenteils beibehalten, sondern auch neue Zölle verhängt - etwa auf Elektroautos. Während Biden sich relativ zielgerichtet auf bestimmte Branchen konzentriert hat, sind die von Trump angekündigten Zölle weitreichender.
Zahlreiche Fachleute fürchten, dass diese Abschottungspolitik zu höheren Preisen führt. Denn viele Güter aus dem Ausland lassen sich gar nicht von heute auf morgen in den USA produzieren. Unternehmen sind also bei der Produktion weiter auf die Importe aus dem Ausland angewiesen - Einfuhrzölle erhöhen dann die Kosten für diese Güter. Es wird erwartet, dass Unternehmen diese Kosten einfach an die Konsumenten weitergeben. Außerdem dürften China und Europa mit Gegenzöllen reagieren - das wiederum ist schlecht für US-Unternehmen, die viel exportieren.
Zahlreiche Steuererleichterungen, die Trump noch während seiner ersten Amtszeit verabschiedet hat, laufen erst im kommenden Jahr aus. Trump will diese Erleichterungen - etwa bei der Einkommenssteuer - verlängern. Außerdem hat er in Aussicht gestellt, die Unternehmenssteuer weiter zu senken. Eines seiner bekanntesten Wahlkampfversprechen ist die Steuerfreiheit für Trinkgelder und Überstunden. Die Gehälter von Angestellten in der Serviceindustrie sind häufig so gering, dass Trinkgelder den größten Teil ihrer Bezahlung ausmachen. Der Republikaner hat auch versprochen, dass Senioren keine Steuern mehr auf ihre monatlichen Rentenleistungen zahlen müssen.
Trump und die Republikaner argumentieren, dass die Steuererleichterungen durch die daraus resultierende Ankurbelung der Wirtschaft gegenfinanziert werden. Andere wiederum fürchten, dass die Staatsverschuldung zunimmt. Aktuell liegt die Staatsverschuldung der USA bei knapp 36 Billionen US-Dollar (rund 34 Billionen Euro). Eine Analyse der überparteilichen Steuerorganisation Committee for a Responsible Federal Budget kommt zu dem Ergebnis, dass Trumps Steuerpläne die Verschuldung der USA in den kommenden zehn Jahren um 7,5 Billionen US-Dollar erhöhen könnten.
Der Republikaner hat im Wahlkampf wiederholt Massenabschiebungen illegal Eingewanderter angekündigt. Das, so Trump, bekämpfe Wohnungsnot und hohe Mieten. Die Realität in den USA ist jedoch, dass viele Migranten - auch ohne Papiere - im Bau- oder Gastgewerbe und in der Landwirtschaft arbeiten. Ganze Branchen setzen auf die billige Arbeitskraft der Einwanderer. Sollten diese plötzlich verschwinden, droht ein Arbeitskräftemangel, denn die Arbeitslosigkeit in den USA ist aktuell niedrig.
Es dürfte schwer sein, Menschen zu finden, die zu ähnlich schlechten Bedingungen die freien Jobs übernehmen. Unternehmen müssten also höhere Gehälter zahlen - die Kosten dafür dürften sie auf die Verbraucher umwälzen.
Die US-Notenbank Fed arbeitet unabhängig von der US-Regierung. Das hat Trump aber schon in seiner ersten Amtszeit nicht davon abgehalten, die Federal Reserve öffentlich unter Druck zu setzen. Der Republikaner will niedrige Zinsen, um so die Wirtschaft anzukurbeln. Die Fed hat nach einer Phase der Hochzinspolitik gerade begonnen, die Zinsen wieder zu senken. Sie hatte zuvor den Leitzins erhöht, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen - denn hohe Zinsen bremsen die Nachfrage - und idealerweise sinkt die Inflationsrate.
Die Inflationsrate - im Sommer 2022 mit mehr als 9 Prozent so hoch wie seit rund vier Jahrzehnten nicht mehr - ging seit den Zinserhöhungen deutlich zurück, die Preise steigen nun langsamer an. Fachleute gehen davon aus, dass sich Trumps Politik indirekt auch auf die Zinsen auswirken könnte. So steht die Frage im Raum, ob die Fed angesichts der Pläne Trumps bei Zinssenkungen vorsichtiger vorgehen könnte - um einem Wiederanstieg der Inflation zu verhindern. Neue Prognosen dazu veröffentlicht die Notenbank im Dezember.
Die US-Wirtschaft unter Präsident Biden ist verhältnismäßig stark: Trotz der Hochzinspolitik kam es in den USA nicht zu einer Rezession, der Arbeitsmarkt ist robust und die Wirtschaft wächst auf stabilem Niveau. Doch am Ende zählte für die Bürgerinnen und Bürger bei der Wahl, wie viel Geld sie im Portemonnaie haben. Die hohen Verbraucherpreise sind in den USA vor allem eine Folge der Coronapandemie, der daraus resultierenden Lieferengpässe und wohl auch der massiven Wirtschaftshilfen der US-Regierung.
Die Inflationsrate ist zwar mittlerweile wieder gesunken - doch das heißt nicht, dass die Preise sinken. Sie steigen einfach weniger schnell. Die Biden-Regierung schiebt ihre Wahlniederlage vor allem auf die Folgen der Pandemie. Diese haben einen „politischen Preis für viele etablierte Amtsinhaber“ weltweit gehabt, sagte Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre nach der Wahlniederlage vergangene Woche mit Blick auf die Abwahl vieler Regierungen.
Die fallende Inflationsrate spielt Trump in die Hände. Doch wenn die Preise aufgrund seiner protektionistischen Wirtschaftspolitik wieder rasant ansteigen, könnte sich die Stimmung im Land drehen. Mehr als 20 Wirtschaftsnobelpreisträger warnten jedenfalls im vergangenen Monat, dass Trumps Politik, „einschließlich hoher Zölle selbst auf Waren von unseren Freunden und Verbündeten“ und Steuersenkungen „zu höheren Preisen, größeren Defiziten und größerer Ungleichheit führen“ werde. Sollte das eintreten, könnte es für Trump und die Republikaner schwierig werden.
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