Top-Speed 150: Mit Chinas Schnellzug durchs entspannte Laos | FLZ.de | Stage

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Veröffentlicht am 22.01.2025 00:08

Top-Speed 150: Mit Chinas Schnellzug durchs entspannte Laos

Der tägliche Almosengang („Sai Bat“) der buddhistischen Mönche ist eine der Hauptattraktionen in Luang Prabang. (Foto: Carola Frentzen/dpa-tmn)
Der tägliche Almosengang („Sai Bat“) der buddhistischen Mönche ist eine der Hauptattraktionen in Luang Prabang. (Foto: Carola Frentzen/dpa-tmn)
Der tägliche Almosengang („Sai Bat“) der buddhistischen Mönche ist eine der Hauptattraktionen in Luang Prabang. (Foto: Carola Frentzen/dpa-tmn)

Gemächlich tuckern Touristen in rechteckigen, bunten Holzbooten über den Mekong. Ringsum eine Idylle, die nur vom monotonen Geräusch des Motors gestört wird. Zu beiden Seiten des mächtigen Flusses erheben sich sanft die Hügelketten, am Ufer grasen Wasserbüffel. Ein Fischer auf einem Longboat wirft sein Netz aus, während sich vom blass-blauen Himmel langsam die Tageshitze auf Laos herabsenkt. 

„Slow boats“ heißen die gemütlichen Gefährte, die Reisende auch privat anmieten können. Krasser könnte der Gegensatz zu den Schnellbooten, die im Nachbarland Thailand über die Kanäle flitzen, kaum sein. Der Name ist wie eine Metapher für das laotische Lebensgefühl: In Südostasiens einzigem Binnenstaat gilt Entspanntheit als Lebensmaxime. 

„Weise hasten nicht und Hastende sind selten weise“, zitiert Reiseleiter Kham Dee ein altes laotisches Sprichwort und schmunzelt. Auch der Bootsmann ist weise und steuert das Boot langsam in Richtung der Pak Ou Caves, einem berühmten Höhlentempel mit fast 6.000 Buddhastatuen.

Wer Party sucht, ist falsch

Aber diese Reise beginnt eigentlich schon früher - in der Hauptstadt Vientiane. Kurz nach Sonnenaufgang tragen Mönche in safranfarbenen Roben im Wat Si Saket Prozessionsschirme über den Hauptplatz. Der Tempel versprüht Schönheit aus jeder Pore. Ein Gongschlag, dann erklingen tiefe buddhistische Gesänge. Die wenigen ausländischen Besucher an diesem Morgen bleiben gebannt stehen.

Zwar ist das Ziel der meisten Touristen die alte Königsstadt Luang Prabang. Aber auch Vientiane mit seinen Tempeln, Märkten und französischen Kolonialbauten hat einiges zu bieten. Hier befindet sich das Wahrzeichen des Landes: der Pha That Luang, ein goldener, terrassenförmiger Stupa aus dem 16. Jahrhundert.

Mit nicht einmal einer Million Einwohnern ist Vientiane ein relaxter Gegenpol zu Glitzermetropolen wie Bangkok oder Singapur. Wer Party sucht, ist hier falsch. Überhaupt scheint Laos wie aus der Zeit gefallen. Aber das „Land der eine Million Elefanten“ verändert sich - und das in einem Tempo, das so gar nicht zu ihm passen will.

Der poetische Name ist übrigens die wörtliche Übersetzung von Lan Xang. So hatte der damalige König das Land im 14. Jahrhundert getauft, als es noch Dickhäuter gab so weit das Auge reichte. Heute sind Begegnungen eher selten: Laut der Umweltstiftung WWF gibt es landesweit noch maximal 1.000 Exemplare.

Nachbarland China breitet sich aus 

Derweil ist Laos zunehmend in den Fängen von China, das das arme Nachbarland mit Milliardeninvestitionen an sich bindet und damit immer mehr Einfluss gewinnt. 

So wurden etwa am Goldenen Dreieck an der Grenze zu Thailand und Myanmar - früher berüchtigt als Umschlagplatz für Opium - eine ganze Reihe unansehnlicher Kasino-Klötze für chinesische Geschäftsleute aus dem Boden gestampft. „Früher waren Drogen in der Region die größte Gefahr, heute ist es China“, sagt ein Mann auf der thailändischen Seite und schaut nachdenklich über den Mekong auf die Betonburgen in Laos. 

Seit 2021 ist zudem die Laos–China Railway (LCR) in Betrieb, die größtenteils von der Volksrepublik finanziert wurde. Die Eisenbahnlinie verbindet Kunming in China mit Vientiane - und soll künftig weiter durch Thailand und Malaysia bis Singapur führen. 

Schwierigkeiten bereiteten beim Bau die vielen Blindgänger, die noch immer in Laos verteilt liegen - gefährliche Erinnerungen an die Zeit zwischen 1964 und 1973, als die USA alle acht Minuten eine Bombenladung über Vietnams Nachbarland abwarfen. Laos gilt als das meist bombardierte Land der Erde. Bis heute arbeiten Experten daran, nicht explodierte Sprengsätze zu entschärfen.

Aber zurück nach Vientiane, wo mehrere Hundert Menschen im riesigen Bahnhofsgebäude auf die Abfahrt warten. „Vientiane Railway Station“ prangt in roten Lettern auf Englisch und Laotisch über dem Eingang. Am größten aber leuchten die chinesischen Schriftzeichen - und lassen keinen Zweifel daran, wer hier neuerdings das Sagen hat.

Faszinierender Almosengang der Mönche

Weniger als zwei Stunden dauert die Reise mit dem modernen Zug in die frühere Hauptstadt Luang Prabang. Mit rund 150 km/h braust er vorbei an Reisfeldern und Dörfern - ist aber deutlich langsamer als Hochgeschwindigkeitszüge in Europa, die doppelt so schnell unterwegs sind. Nach einem kurzen Zwischenstopp im Backpacker-Szeneort Vang Vieng geht es durch Tunnel weiter - dennoch öffnen sich gelegentlich Ausblicke auf die Landschaft mit Karstformationen, Dschungel und Reisterrassen.

Am nächsten Morgen wartet das nächste Highlight. Noch bevor die Sonne aufgegangen ist, leuchten die Straßen von Luang Prabang schon in sattem Orange: Hunderte Mönche ziehen durch die Stadt, um Gaben der Gläubigen entgegenzunehmen. 

Der berühmte Almosengang „Sai Bat“ ist seit dem 14. Jahrhundert Tradition - und heute eine bekannte Touristenattraktion. Wortlos füllen Menschen am Straßenrand Klebreis, Früchte und Snacks in die Behälter und seidenen Tragetaschen der Mönche und Novizen. 

Am weitesten verbreitet ist der Theravada-Buddhismus, die älteste heute noch existierende Lehre dieser Religion. „Es ist Tradition, dass Jungen einmal im Leben für ein paar Tage, Wochen oder sogar Jahre als Mönche in einem Tempel leben, um sie zu erlernen“, sagt der Tourguide Somjai Ken. Manche blieben nur wenige Wochen, andere ein ganzes Leben lang.

Langsame Reise über den Mekong

Seit 1995 gehört die Altstadt wegen ihrer gut erhaltenen Architektur voller französischer Kolonialbauten und bedeutender Tempel zum Welterbe der Unesco. Man mag hier verweilen und die Szenerie aufsaugen, etwa in einem Restaurant mit Blick auf die Stelle, wo der Fluss Nam Khan in den Mekong fließt. 

Ein Longboat tuckert vorbei, ganz langsam natürlich. In der Mitte sitzt ein Mönch und hält einen safranfarbenen Schirm, passend zu seiner Robe. Wieder so ein aus der Zeit gefallener Moment. 

Die Touristen hingegen besteigen ein größeres Boot - ein „Slow boat“ eben. So herrlich die Pak Ou Caves mit ihren Tausenden Buddha-Statuen am Ende der Reise auch sein mögen: Das wohl Schönste ist die gemächliche, zweistündige Anreise über den Mekong.

„Die Vietnamesen pflanzen den Reis, die Khmer schauen ihm beim Wachsen zu und die Laoten lauschen, wie er wächst“, lautet ein asiatisches Sprichwort. Aber inmitten der Reisfelder schwingt sich China auf. Ob das Reich der Mitte es aber tatsächlich schafft, Laos seine Entspanntheit zu nehmen, bleibt abzuwarten.

Links, Tipps, Praktisches:

Reiseziel: Die Demokratische Volksrepublik Laos ist ein Binnenstaat in Südostasien und grenzt an China, Myanmar, Thailand, Kambodscha und Vietnam. 

Beste Reisezeit: November bis Februar/März. Dann herrscht Trockenzeit, und die Temperaturen sind angenehm. Von April bis Oktober ist Regenzeit. Es wird sehr heiß, in einigen Landesteilen erreichen die Werte 40 Grad Celsius bei hoher Luftfeuchtigkeit.

Anreise: Es gibt keine Direktflüge ab Deutschland. Viele asiatische Fluglinien bieten aber Flüge etwa über Bangkok, Hanoi oder Singapur an. Die kürzeste Flugzeit inklusive Zwischenlandung beträgt zwischen 16 und 17 Stunden.

Einreise: Deutsche Staatsangehörige benötigen einen mindestens sechs Monate gültigen Reisepass und erhalten ein Visum bei der Einreise. Es kostet 40 US-Dollar und kann auch in Euro bezahlt werden.

Zugreise mit der Laos–China Railway (LCR): Die Fahrt von Vientiane nach Luang Prabang dauert weniger als zwei Stunden. Das Ticket sollte einige Tage im Voraus gekauft werden und kostet in der zweiten Klasse 330.000 Laotische Kip (gut 13 Euro). Tickets unter: www.laostraintickets.com

Währung: 1 Euro ist rund 22.500 Laotische Kip wert (Stand: 20.01.2025). Geld in der Landeswährung kann unter anderem per Kreditkarte an Bankautomaten abgehoben werden.

Gesundheitshinweise: Für die Einreise aus Deutschland sind laut Auswärtigem Amt keine Pflichtimpfungen vorgeschrieben; empfohlen wird eine Reiseimpfung gegen Hepatitis A, bei Langzeitaufenthalt auch gegen Dengue-Fieber, Hepatitis B und Typhus. 

Weitere Auskünfte: tourismlaos.org

© dpa-infocom, dpa:250121-930-351315/1


Von dpa
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