Viel Ärger im DFB-Pokal: Ohne VAR ist auch nicht gut | FLZ.de | Stage

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Veröffentlicht am 31.10.2024 12:51

Viel Ärger im DFB-Pokal: Ohne VAR ist auch nicht gut

Hoffenheims Spieler ärgern sich über Schiedsrichter Robert Kampka. (Foto: Soeren Stache/dpa)
Hoffenheims Spieler ärgern sich über Schiedsrichter Robert Kampka. (Foto: Soeren Stache/dpa)
Hoffenheims Spieler ärgern sich über Schiedsrichter Robert Kampka. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Besser hätte die Werbung für den Video-Assistenten nicht ausfallen können. Kaum ist der „Kölner Keller“ mal nicht im Einsatz, sorgt eine Reihe an Fehlentscheidungen in der zweiten Runde des DFB-Pokals für mächtig Ärger bei Spielern und Trainern. All die hitzigen Debatten über eine Abschaffung des VAR in den letzten Wochen wurden an zwei Pokal-Abenden quasi ad absurdum geführt.

„Den VAR vermisse ich immer, ich bin ein großer Fan von ihm“, sagte HSV-Trainer Steffen Baumgart nach dem Ausscheiden beim SC Freiburg (1:2) und einer strittigen Elfmeter-Entscheidung von Felix Brych, die nicht mehr per Video geprüft werden konnte. „Ich finde, wir sollten das alles mal ein bisschen positiver sehen. Ich halte ihn für eine gute Entscheidung. (...) Aus meiner Sicht macht er den Fußball auch nicht kaputt, sondern gerechter.“

Auch Rio-Weltmeister Miroslav Klose ergriff nach dem 1:2 seines 1. FC Nürnberg bei der TSG 1899 Hoffenheim Partei für das Hilfsmittel der Referees. „Jeder beschwert sich darüber, dass der Videobeweis so lange dauert. Aber in solchen Spielen sieht man dann auch, dass man das auch braucht. Das ist Detailfußball, da entscheiden Kleinigkeiten. Und wenn man das zu Hilfe nehmen kann, ist es immer von Vorteil“, betonte der Coach in der ARD. Am Wochenende treffen sich Baumgart und Klose in der 2. Liga wieder - mit VAR.

Viele Fehlentscheidungen: Elfmeter, Rote Karte, Abseits

Die Video-Schiedsrichter hätten in der zweiten Runde - im Pokal kommt der VAR erst ab dem Achtelfinale zum Einsatz - einige Fehlentscheidungen revidieren können. Der unberechtigte Strafstoß für den 1. FC Kaiserslautern (1:2 beim VfB Stuttgart), die mutmaßliche Rote Karte von Dortmunds Felix Nmecha (0:1 beim VfL Wolfsburg) oder das Abseitstor von Bayern-Jungstar Jamal Musiala beim 4:0 in Mainz.

„Dafür braucht man keinen VAR. Dafür haben wir einen Linienrichter. Das ist relativ klar, eine einfach zu beurteilende Situation. Dass er das nicht sieht... Das ist ja nicht einmal knapp“, schimpfte der Mainzer Torhüter Robin Zentner im ZDF. Sein Teamkollege Dominik Kohr wähnte Schiedsrichter Sascha Stegemann gar im Bayern-Trikot und wollte auch vor dem dritten Tor ein Foul an ihm gesehen haben. Ein VAR hätte womöglich aber auch seine Rambo-Aktion gegen Musiala als rot-würdig gewertet.

Kritik von Ex-Referee Gräfe

VAR hin oder her - zur Wahrheit gehört auch, dass die Schiedsrichter im Pokal offenbar nicht ihren besten Tag erwischten. „Ohne VAR noch offensichtlicher: Qualität nicht mehr da -leider! Strukturelle & z.T. personelle Probleme: Fehler werden nicht angegangen, Kritik & Hilfe abgetan/ignoriert - kritische Stimmen entsorgt (ich über Alter). Wie soll es so besser werden? Tut weh..“, lästerte Ex-FIFA-Schiedsrichter Manuel Gräfe auf der Internetplattform X.

Es herrschte mitunter Unsicherheit bei den Referees ohne die Absicherung am Bildschirm. Beim Spiel zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Heidenheim (2:1) nahm Schiedsrichter Robert Kampka den vermeintlichen Ausgleichstreffer in der Nachspielzeit erst nach Rücksprache mit seinem Linienrichter zurück. „Wenn irgendwo ein Foul auf dem Spielfeld in einem Spiel ist, muss der Linienrichter dann das Spiel unterbrechen, und nicht dann, wenn der Ball im Tor liegt und ihm auf einmal einfällt, dass es vorher ein Foul gab“, echauffierte sich Heidenheims Trainer Frank Schmidt bei Sky.

Es gibt aber auch andere Meinungen. Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann fand das Pokalspiel gegen Gladbach (2:1) „wunderbar“ ohne VAR, obwohl die Eintracht früh eine Rote Karte erhielt. „Das hätte ich übrigens auch gesagt, wenn wir verloren hätten“, meinte Hellmann.

Video-Support als Lösung?

Seit der Saison 2017/18 gibt es den Video-Assistenten bereits in der Bundesliga - und genauso lange auch die Diskussionen über ihn. Handspiel, Elfmeter, Abseits - es vergeht kaum ein Spiel ohne Eingriff. Bei den Fans ist die Kritik teils massiv, die Interessenvertretung „Unsere Kurve“ moniert, dass der VAR dem Fußball die unmittelbare Emotion nimmt.

Zuletzt wurde eine Abwandlung des VAR ins Gespräch gebracht. Der sogenannte Video-Support könnte helfen und knüpft an die Idee einer Challenge an. Wie aus anderen Sportarten bekannt, dürfen nur die Trainer bei strittigen Szenen Einspruch einlegen. Gut gemeint, bis abgezockte Trainer à la José Mourinho dieses Tool zum Ende des Spiels nutzen könnten, um Zeit von der Uhr zu nehmen, sagen Skeptiker.

„Die Challenge ist kein Allheilmittel“, sagte DFB-Innovations-Leiter Jochen Drees jüngst der dpa. Auch dann bleibe die Entscheidung beim Schiedsrichter. „Viele denken wohl, dann würden die Diskussionen aufhören. Aber ich glaube nicht, dass das der Fall ist“, meinte er. So werden die Schiedsrichter wohl auch weiter die Leidtragenden sein.

„Ich freue mich aufs Wochenende, da gibt es wieder den VAR“, sagte Kiels Trainer Marcel Rapp. Wetten, dass dann wieder gemeckert wird...

© dpa-infocom, dpa:241031-930-275593/1


Von dpa
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