Um Nachhaltigkeitsversprechen auf Verpackungen kommt man beim Wocheneinkauf kaum noch herum. Die Nachfrage ist da: Viele Menschen wollen nachhaltiger leben und achten darauf, weniger Müll zu produzieren. So greifen viele nach Verpackungen, die nachhaltig wirken.
„Darauf haben die Hersteller reagiert“, sagt der Umweltexperte Philip Heldt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Leider nicht unbedingt damit, dass sie wirklich nachhaltige Verpackungen angeboten haben.“ Viele Verpackungen würden stattdessen als nachhaltig tituliert, obwohl sie nicht anders seien als zuvor.
Die Krux an der Sache: Jeder Hersteller kann sich „zu 100 Prozent recycelbar“ oder „nachhaltig“ auf die Verpackung drucken lassen. „Und da das Ganze für den Verbraucher nicht überprüfbar ist, hat das sehr viel von Greenwashing“, sagt Rolf Buschmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
Greenwashing bedeutet, dass etwas als nachhaltig oder umweltfreundlich dargestellt wird, obwohl das gar nicht der Fall ist. Oft stehen Marketinggründe dahinter.
In der Regel gilt für die meisten Einwegverpackungen laut Buschmann, dass sie wenig nachhaltig sind. Deswegen sind Mehrwegverpackungen die bessere Lösung.
Das sind die Greenwashing-Tricks der Hersteller:
Die Hersteller stellen vor allem durch die Optik die Verpackung als besonders nachhaltig dar. Ein gängiger Marketing-Trick: grüne und braune Farbtöne. Aber auch eine Papieroptik weckt bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern den Anschein, dass die Verpackung besonders nachhaltig sei. Papier und Plastik hätten jedoch eine sehr ähnliche Ökobilanz, so Philip Heldt.
Rolf Buschmann kritisiert Aussagen wie „nachhaltige Verpackung“ oder „100 Prozent recycelbar“ stark: „Das ist in den wenigsten Fällen tatsächlich verifizierbar. Da fehlt es an klaren Vorgaben.“
Und auch Philip Heldt sagt: Der Begriff nachhaltig sei nicht geschützt. „Ich kann das einfach drauf drucken, weil es wird immer eine andere Verpackung geben, die mehr CO2 verbraucht oder einen größeren Umwelt-Fußabdruck hat.“
Bei der Aussage „Die Verpackung ist klimaneutral“ etwa sollte man laut Heldt lieber zweimal hinschauen. Es kann zwar sein, dass das Unternehmen zum Beispiel durch die Unterstützung von Projekten CO2 kompensiert. In solchen Fällen sollte man sich auf der Verpackung oder im Internet durchlesen, was genau damit gemeint ist, rät Heldt.
Klar ist jedoch auch: Sobald ein Material für eine Verpackung hergestellt wird, wird CO2 freigesetzt. Das heißt, dass eine Einwegverpackung an sich nie wirklich klimaneutral sein kann.
Und was bedeutet es, wenn „zu 100 Prozent recycelbar“ auf der Verpackung steht? Dann kann es zwar sein, dass die Verpackung theoretisch aus recycelbaren Materialien besteht.
In der Praxis wird das laut Buschmann jedoch nicht umgesetzt: „Eine hundertprozentige Recycling-Fähigkeit gibt es eigentlich bei keinem Material. Es wird immer Verluste geben.“ Die Aussage „100 Prozent recycelbar“ spiegelt sich also in der Realität nie vollständig wider. Vieles wird auch nicht recycelt, weil es laut Heldt zu zeitaufwendig oder zu teuer wäre.
Trotzdem: Wenn die Verpackung richtig getrennt wird, kann man davon ausgehen, dass wenigstens ein großer Teil der Verpackung wieder aufbereitet werden kann.
Manche Verpackungen können jedoch weder vom Verbraucher noch von der Sortiermaschine richtig getrennt werden. Laut Philip Heldt ist Plastik als Verpackungsmaterial bei den Verbrauchern sehr in Verruf geraten. Als Folge sind viele Hersteller auf Papier oder auf sogenannte Verbundmaterialien umgestiegen. Dafür werden zum Beispiel Kunststoff und Papierfasern für eine Verpackung miteinander verklebt.
Der Nachteil daran: Diese Materialien sind oft so stark miteinander verbunden, dass sie in der Sortiermaschine gar nicht oder nur sehr schwer voneinander getrennt und dann nicht recycelt werden können, so Philip Heldt.
Reine Verpackungen - nur aus Papier oder nur aus Plastik - können also einfacher recycelt werden als Verbundmaterialien. Das Problem: Für Verbraucher ist es laut Rolf Buschmann kaum erkennbar, ob die Verpackung aus Verbundmaterial besteht.
Philip Heldt kritisiert außerdem Verpackungen, bei denen der Verbraucher aufgefordert wird, die Materialien korrekt zu trennen. Zum Beispiel bei Joghurtbechern mit einer dünnen Kunststoffschicht und einem zusätzlichen Pappmantel. Die wenigsten Verbraucher trennen diese Verpackungen laut Heldt richtig. In der Sortiermaschine stören diese ungetrennten Verpackungen.
Und wie geht es nachhaltiger? Wenn es geht, kann man probieren, Verpackungen zu vermeiden, etwa bei Obst und Gemüse. Für die Frischetheke empfiehlt Buschmann, eine eigene Dose mitzunehmen.
Die Umweltexperten empfehlen, auf Mehrwegsysteme zurückzugreifen. „Mehrwegverpackungen sparen durch ihre höhere Umlaufzahl natürlich immens an Ressourcen ein“, sagt Rolf Buschmann.
Weitere Tipps von Philip Heldt: Lieber größere Verpackungen kaufen als viele kleinere. Und darauf achten, dass nicht zu viel Luft in den Verpackungen steckt.
Manchmal sieht man auch auf den ersten Blick, dass mehrere Verpackungen für ein Produkt verwendet wurden, etwa eine Plastikschicht um einen Papierkarton. Auch das ist unnötiges Verpackungsmaterial, das vom Hersteller vermieden werden kann.
Und zuletzt ist die richtige Mülltrennung das A und O. Bei Verpackungen, deren Materialien sich voneinander trennen lassen, sollte man das auch tun. So ist die Chance am größten, dass die Verpackung recycelt wird, so Heldt.
Das eine perfekte, nachhaltige Verpackungsmaterial gibt es laut Philip Heldt nicht. „Man kann jetzt nicht pauschal sagen, dass Pappe immer gut, Plastik mittelmäßig und Glas oder Metall immer schlecht ist.“ So einfach sei es leider nicht. „Was man aber einfach sagen kann: Mehrwegverpackungen sind immer gut.“
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