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Veröffentlicht am 20.12.2022 07:48

Neusitz will neuen sozialen Mittelpunkt schaffen

Auch wenn noch viel zu tun ist: Es geht voran im zukünftigen Neusitzer Dorfladen. Thomas Krämer, Manuel Döhler und Edith Vogel (von links) freuen sich, dass sich ihr Einsatz gelohnt hat. (Foto: Simone Hedler)
Auch wenn noch viel zu tun ist: Es geht voran im zukünftigen Neusitzer Dorfladen. Thomas Krämer, Manuel Döhler und Edith Vogel (von links) freuen sich, dass sich ihr Einsatz gelohnt hat. (Foto: Simone Hedler)
Auch wenn noch viel zu tun ist: Es geht voran im zukünftigen Neusitzer Dorfladen. Thomas Krämer, Manuel Döhler und Edith Vogel (von links) freuen sich, dass sich ihr Einsatz gelohnt hat. (Foto: Simone Hedler)

Der Neusitzer Dorfladen „Alte Steige“ soll in etwa einem halben Jahr seine Türen öffnen. Im Angebot: Regionale Produkte und Gemeinschaft.

Es tut sich was im ehemaligen TÜV-Gebäude an der Schaffeldstraße. Wo bis vor einigen Jahren noch Autos inspiziert wurden, soll sich schon bald ein neuer Treffpunkt im Ort etablieren. Wenn der Dorfladen „Alte Steige“ fertig ist, können die Neusitzer einen Plausch bei Kaffee und Kuchen mit dem Einkauf regionaler Produkte verbinden.

So stellen sich die Mitglieder des Projektteams das vor. Bis zur Eröffnung in etwa einem halben Jahr steht allerdings noch viel Arbeit an – aktuell werden die Rohre für die Fußbodenheizung verlegt. Doch sieht man sich in dem rund 370 Quadratmeter großen Gebäude um, kann man bereits erahnen, wie es einmal aussehen wird: hell und luftig, ein Café-Bereich mit großer Fensterfront, auch Küchen- und Thekenbereich sind bereits angelegt.

Standortsuche hat viel Zeit gekostet

„Energetisch haben wir gegenüber den ursprünglichen Ideen nochmal zugelegt“, sagt Bürgermeister Manuel Döhler. Das Gebäude erfüllt den KfW-40-Standard, auf dem Dach wird eine Photovoltaikanlage installiert, die Wärmegewinnung erfolgt durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe. „Kurzfristig steigen zwar dadurch die Baukosten an, aber auf lange Sicht birgt das ein großes Einsparungspotenzial“, so Döhler.

Die Standortfindung war „ein Prozess, der viel Zeit gekostet hat“, erzählt der Bürgermeister. Um Fördermittel zu erhalten, sollte es ein Bestandsgebäude sein, mit den passenden Rahmenbedingungen und in guter Lage. Die „Alte Steige“ liegt nun zwar nicht mitten im Ort, dafür „an der Schnittstelle zwischen Industrie und Wohnen“, so Thomas Krämer, gleichzeitig in Nähe der Staatsstraße. Das zieht Kunden an, hofft er. Mit dem Baufortschritt ist er zufrieden, auch wenn sich – „wie bei allen Bauvorhaben im Moment“ – immer mal wieder etwas verzögert. „Trotz einiger Widrigkeiten hat bislang alles geklappt, auch dank der guten Koordination durch unser Ingenieurbüro.“ Genau wie Krämer engagiert sich auch Edith Vogel im Projektteam – schon von Anfang an.

Und dieser Anfang liegt einige Zeit zurück: Im Jahr 2014 hatte ein Ehepaar aus dem Ort beim damaligen Bürgermeister Rudolf Glas angeregt, ein Café als Treffpunkt für die Neusitzer einzurichten. „Daraus wurde dann im Laufe der Zeit immer mehr“, erinnert sich Edith Vogel.

Viele Hausaufgaben hatten die Verantwortlichen seitdem zu erledigen – alles ehrenamtlich. Man habe sich professionell beraten lassen, zahlreiche Dorfläden in der Region besucht und das Konzept mit Hilfe von Fördergeldern weiterentwickelt – beispielsweise durch eine Machbarkeitsstudie und eine Bürgerbefragung. Darin sprach sich eine große Mehrheit der Neusitzer, nämlich rund 88 Prozent, für einen Dorfladen aus – mit günstigen Preisen und regionalen Produkten. „Die Befragten konnten Lieferanten vorschlagen“, so Vogel, „die wir dann auch kontaktiert haben“. Das Interesse sei groß gewesen, berichtet sie. Teilweise würden Direktvermarkter von sich aus den Kontakt suchen.

Die Wünsche der Bürger zu erfüllen, ist dem Projektteam sehr wichtig. Nicht nur, damit das Angebot später auch gut angenommen wird, sondern weil die „Alte Steige“ teilweise auch von den Bürgern finanziert ist. Dafür wurde eine Unternehmergesellschaft gegründet, mit Edith Vogel, Thomas Krämer und Monika Becker als Hauptgesellschaftern und Günter Späthe als Geschäftsführer. Dazu gibt es einen Gesellschafterrat – „das ist wie eine Art Aufsichtsrat“, erklärt Edith Vogel. Im Juli wurden Manuel Döhler, Rudolf Glas, Bernd Kalb und Judith Regler-Keitel in dieses Gremium gewählt, und zwar von den „stillen Gesellschaftern“.

Das sind derzeit etwa 180 Neusitzer, die Einlagen von jeweils mindestens 300 Euro für die Betreibergesellschaft hinterlegt haben und damit das Projekt finanziell absichern. „Wir freuen uns über jeden, der sich hier noch beteiligen möchte“, betonen Thomas Krämer und Edith Vogel. Derzeit suchen sie bereits Mitarbeiter für den Laden.

Wenn er dann öffnet, soll es ein Grundsortiment zu „vernünftigen Preisen“, wenn möglich regional, geben. Auch eine kleine Unverpackt-Ecke ist geplant, „das haben sich die Bürger in der Umfrage gewünscht“, sagt Vogel. Das Sortiment wollen die Verantwortlichen „ständig weiterentwickeln, um optimal den Bedarf zu decken“, ergänzt Döhler. Vorstellen können sie sich vieles: eine Einkaufsbegleitung für Ältere, Fahrdienste oder einen Lieferservice.

Wichtig sei, dass in Zukunft wieder eine Infrastruktur vor Ort ist, insbesondere für Menschen, die nicht mehr so mobil sind. Dabei gehe es bei der „Alten Steige“ nicht darum, Gewinn zu erzielen, darin sind sich die drei einig. „Der Laden soll sich tragen und eine Bereicherung für das soziale Leben in der Gemeinde sein.“

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