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Veröffentlicht am 15.12.2023 05:01

Plastikmodellbau: Kits nicht nur für Kids

Damit beim Zusammenfügen eines Plastikmodellbausatzes auch wirklich alles klappt, befolgen Einsteiger besser ein paar grundsätzliche Tipps. (Foto: Revell/dpa-tmn)
Damit beim Zusammenfügen eines Plastikmodellbausatzes auch wirklich alles klappt, befolgen Einsteiger besser ein paar grundsätzliche Tipps. (Foto: Revell/dpa-tmn)
Damit beim Zusammenfügen eines Plastikmodellbausatzes auch wirklich alles klappt, befolgen Einsteiger besser ein paar grundsätzliche Tipps. (Foto: Revell/dpa-tmn)

Im Schein einer Schreibtischleuchte fügen Hände klitzekleine Teile aneinander. Der Geruch von Klebstoff entströmt einem Fläschchen. Von Zeit zu Zeit taucht ein Pinsel ein und bestreicht ein weiteres Bauteil - bis am Ende ein vortreffliches Auto, Schiff, Flugzeug oder ein anderes Vorbild „en miniature“ entsteht. So idyllisch kann Plastikmodellbau sein.

Was? Bei Ihren ersten Versuchen klebte der Propeller an der Nase oder die Autotür am Knie? Das muss nicht sein. Wer sich Zeit nimmt und ein paar Tipps beachtet, kann viel kreativen Spaß haben - egal, ob als schon etwas größeres Kind oder als Erwachsener.

Die Philosophie: Der Weg als Ziel

„Das ist der ganz andere Weg, zu einem Modell zu kommen - man baut es sich selbst“, sagt Andreas A. Berse. Der Weg sei dabei das Ziel, so der Chefredakteur der Fachzeitschrift „Modellfahrzeug“, der auch selbst passionierter Modellbauer ist.

Aber er fügt an: „Dieses Hobby braucht am Anfang eine sehr gute Beratung und Einschätzung durch einen kompetenten Fachmann, der schon weiter ist.“

Denn wer den Deckel von einem der zuweilen eindrucksvoll bebilderten Kartons hebt, mag auf den ersten Blick enttäuscht sein. Der Blick fällt auf einen Haufen Plastikgitter, größere Formteile und Zubehör wie Gummireifen oder kleine Plastikscheiben. Aus den Gittern - den Spritzguss-Ästen - werden die erforderlichen Einzelteile mit Pinzette oder kleiner Zange herausgenommen und zusammengeklebt.

Etwas Werkzeug ist auf jeden Fall sinnvoll

Ach ja, und oft ist das Ganze nur in einer Farbe oder gar nicht lackiert. „Das heißt, nur mit Bausatz kaufen, ist es in der Regel nicht getan“, sagt Berse. Hinzu kommen Klebstoffe, Farben, Pinsel sowie Hilfsmittel wie Messer, Zangen, Feilen, Sandpapier, Pinzette oder Klebebänder - je nach Umfang.

Dazu ist auch ein Bastelplatz und eine entsprechende Unterlage vorteilhaft. Im fortgeschrittenen Stadium greift man vielleicht zu Spraydosen oder richtet sich einen Airbrush-Arbeitsplatz ein.

Aber es gibt eben auch komplette Einsteiger-Sets mit Bausatz (engl.: „Kit“) und den wichtigsten Farben sowie Kleber und Zubehör.

Indikator bei Kindern: Begeisterung für Klemmbausteine

„Es ist eine sehr kreative Sache und es kommt natürlich sehr auf händische Fähigkeiten an“, sagt Berse. Erste Hinweise darauf, ob das Hobby etwas für die Kinder ist: Gucken, wie groß deren Begeisterung ist, Modelle mit Klemmbausteinen zu bauen.

Das sind erste Schritte, die Erfahrungen im Zusammenstecken von Teilen und überhaupt den Umgang mit einer Bauanleitung schulen.

Generell finden sich auf den Schachteln oder auf den Herstellerseiten Infos zu Altersangaben und Schwierigkeitsgraden - diese unbedingt beachten, rät Berse.

Es gibt auch spezielle Bausätze für einfache Bastelei

Viele Hersteller machen es mittlerweile aber auch ungeübten Einsteigern und jüngeren Bastlern einfach. Es gibt spezielle Modellreihen, bei denen die Teile nur gesteckt werden müssen und oft schon vielfarbig lackiert sind - Kleben und Anmalen entfällt. Je nach Modell sind dann die Dekorationen als einfache Aufkleber zum Abziehen, also als Sticker beigefügt.

Normalerweise werden Aufkleber als extrem dünne Nassschiebebilder ausgeführt. Diese sogenannten Decals müssen exakt ausgeschnitten und kundig in lauwarmen Wasser vom Träger gelöst und behutsam angebracht werden - das ist zuweilen recht pfriemelig.

Von ganz klein bis riesig groß - viele Maßstäbe

Erstmals aufgetaucht in den 1930er, mit zunehmender Verbreitung in den 1950er Jahren, gibt es heute kaum etwas, das es nicht auch als Plastikbausatz gibt: Autos, Lkw, Schiffe, Flugzeuge, Raumschiffe, Häuser, Figuren und vieles mehr.

Der Vorteil des Spritzgusses aus Kunststoff - meist Polystyrol oder ABS: Auch größere Formen lassen sich sehr detailreich zu einem relativ günstigen Preis realisieren. Das Ergebnis: ein möglichst exaktes Abbild des Originals, das als Fertigmodell meist teurer wäre.

Die gängigsten Maßstäbe sind dabei unter anderem 1:12 und 1:24/1:25 bei Autos, 1:32, 1:48 und 1:72 bei Flugzeugen oder der ganze Bereich des H0-Eisenbahnzubehörs wie etwa Häuser in 1:87. Bekannte Hersteller sind unter anderem Airfix, Faller, Revell, Italeri oder Tamiya.

Verkaufsschlager Geheimagent, Dauerbrenner Titanic

Revell verzeichnet laut seinem Chef Stefan Krings den größten Umsatz in der Kategorie Fahrzeuge, gefolgt von Helikoptern und Flugzeugen. Auch Themen wie Star Wars oder James Bond seien erfolgreich - etwa der Aston Martin DB5 mit typischen Agentenextras. Ein Dauerbrenner bei den Sets sei die Titanic in unterschiedlichen Maßstäben.

Bei Tamiya hat etwa der Toyota Supra in 1:24 für rund 30 Euro die Nase ganz weit vorn - hier erleben Autos laut Unternehmen aktuell generell einen stärkeren Zuwachs als beispielsweise Motorräder.

Das Hobby haben speziell seit der Coronazeit offenbar viele wieder oder ganz neu für sich entdeckt. Das zeigen entsprechende Aussagen der Hersteller zu Umsatzsteigerungen.

Die häuslichen Kontakte, die während der Pandemie als Möglichkeit zum gemeinsamen Spiel von Eltern mit Kindern oder Großeltern mit Enkeln genutzt wurden, führten zu dieser Entwicklung - so lautet die Einschätzung von Tamiya-Carson-Sprecherin Isabel Weishar. „So wie inzwischen immer mehr Jugendliche zwischen 8 und 16 Jahren Schach spielen, so hat sich auch die Beschäftigung mit dem Plastikmodellbau, speziell generationsübergreifend, positiv entwickelt.“

Hilfe und Tipps bei Clubs und im Netz

Wenn ein Modellbaufachgeschäft nicht in der Nähe ist, dann vielleicht ein Spielwarenhandel mit entsprechendem Angebot und kundigem Personal. Dort bekommt man idealerweise den richtigen Bausatz für das jeweilige Alter oder die individuelle Vorerfahrung. Denn ein Kit, das den Bastelneuling überfordert, bringt nur Enttäuschung. Dazu gibt es im Laden bestenfalls Basteltipps und Kniffe.

Diese gibt's klassisch analog, vielleicht auch bei einem Club in der Nähe oder digital in Internetforen. Wer auf Plattformen wie Youtube Begriffe wie „Kit building techniques“, „Plastikmodellbau“, „Modellbautipps“ oder ähnliches eingibt, wird auch fündig.

Wer Spaß daran findet, kann sehr kreativ werden. Und kaum ein Bausatz werde aus dem Karton gebaut, ohne ihn dabei zu verändern, so Berse. „Das macht man als Plastikmodellbauer vielleicht noch am Anfang. Aber man versucht, die Kits zu verbessern“, sagt er.

So sammeln Fortgeschrittene oft auch Fotos und Literatur zu den Originalen, um ganz penibel Details wie etwa eine Motorverkabelung realistisch umzusetzen und umfangreiche Umbauten vorzunehmen.

„Sie können sich zum Beispiel ihr eigenes Auto von jetzt oder früher nachbauen“, sagt Berse. Das gibt es vielleicht als Fertigmodell so genau nicht. Gibt es aber dessen Grundform als Bausatz, lässt es sich mit entsprechendem Geschick und Übung umgestalten - bis hin zum eigenen Nummernschild.

Was kostet der Spaß?

Die Kits fangen bei niedrigen einstelligen Geldbeträgen an. Kleine, etwa 14 Zentimeter lange Flugzeuge im Maßstab 1:72 gibt es ab rund sechs Euro. Die werden dann aus etwa 35 Teilen gebaut. Ein im Maßstab 1:12 gebauter historischer Rennwagen wird locker über 30 Zentimeter lang, hat bewegliche Teile und kostet rund 100 Euro. Das Ende der Fahnenstange reicht weit in den dreistelligen Bereich und teils darüber hinaus.

Zudem sind einigen Kits besonders fein detaillierte fotogeätzte Metallteile beilegt - etwa um Gurtschlösser oder Antennen nachzubilden. Die Qualität und die Passgenauigkeit der Teile sowie die Bauanleitungen sei um Klassen besser als vor 30 Jahren, so Berse. „Große Nachbearbeitungen sind da schon gar nicht mehr nötig.“

Doch für Feinarbeiten, Wiederauflagen älterer Kits oder Umbauten sind dann eben doch Feilen und anderes Werkzeug nötig. Das sammelt sich aber automatisch an, wenn man dieses Hobby mag. Farben und Zubehör kommen noch dazu. „Aber das verbrauchen Sie ja nicht alles bei einem Modell“, sagt Berse zum Grundstock, der dann so entstehen kann.

Eine gewisse Robustheit mögen vor allem die zusammengesteckten Einsteiger-Modelle haben und sich danach zum ganz vorsichtigen spielen eignen. Doch der klassische zusammengeklebte Bausatz ist trotz zuweilen beweglicher Teile als dekorativer Blickfang gedacht - wenn der Weg zum Ziel gut gelang.

© dpa-infocom, dpa:231214-99-292326/2


Von dpa
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